Justiz und Inneres - Justiz und Inneres
Minister im Europäischen Parlament

Félix Braz präsentierte die Bilanz des luxemburgischen Ratsvorsitzes im Bereich Justiz und Datenschutz vor dem LIBE-Ausschuss des Europäischen Parlaments

Am 21. Dezember 2015 stellte der luxemburgische Justizminister Félix Braz gemeinsam mit dem luxemburgischen Vizepremierminister und Minister für Innere Sicherheit, Etienne Schneider, sowie Jean Asselborn, Minister für auswärtige und europäische Angelegenheiten sowie Immigration und Asyl in Brüssel vor dem Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) des Europäischen Parlaments die Bilanz des luxemburgischen EU-Ratsvorsitzes vor.

Er präsentierte die Bilanz des Ratsvorsitzes im Bereich Justiz und Datenschutz, insbesondere im Hinblick auf das getroffene Abkommen über die Richtlinie und Regelung zum Schutz personenbezogener Daten und im Hinblick auf die erlangten Einigungen im Bereich der Verfahrensgarantien im Strafrecht. Der Minister berichtete ebenfalls über die Schaffung einer europäischen Staatsanwaltschaft, über den Beitrag der Justiz zum Kampf gegen den Terrorismus und die Radikalisierung sowie über die rechtliche Zusammenarbeit im Kontext der Migrationskrise.

Reformpaket zum „Schutz personenbezogener Daten"

Félix BrazBei seinen Ausführungen begrüßte Félix Braz das Abkommen über das Reformpaket zum „Schutz personenbezogener Daten“, in dem die neuen EU-Vorschriften in Bezug auf die Privatsphäre im digitalen Zeitalter festgelegt werden.

Das Paket, über das seit der Unterbreitung der Vorschläge durch die Europäische Kommission im Januar 2012 verhandelt wird, besteht einerseits aus einer Verordnung, aus der die allgemeine Regelung zum Schutz personenbezogener Daten hervorgeht und andererseits aus einer Richtlinie, die bei personenbezogenen Daten, die zum Zweck der Strafverfolgung verarbeitet werden,  Anwendung findet. Am 15. Dezember 2015 hat der luxemburgische Ratsvorsitz eine Einigung im Trilog mit dem Europäischen Parlament über dieses Reformpaket getroffen. Diese Einigung wurde am 17. Dezember durch eine Abstimmung im LIBE-Ausschuss des Europäischen Parlaments sowie auf Ebene des Rates der EU durch den Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV) am 18. Dezember bestätigt.

Hinsichtlich der Verordnung, aus der die allgemeine Regelung zum Schutz personenbezogener Daten hervorgeht, hat Félix Braz erklärt, dass die Notwendigkeit „ein gesundes Gleichgewicht" zu finden, den Kern der Verhandlungen darstellte. „Es ist uns gelungen, Rahmenbedingungen für die Zukunft zu schaffen („Future Proof“ im Text, Anmerkung der Redaktion), um die Rechte der Bürger in unserer digitalen Gesellschaft, die vom Datenfluss dominiert wird, zu stärken und um die Risiken für das Privatleben zu minimieren,” sagte er erfreut und unterstrich, dass dieser Rahmen die Wirtschaftsinteressen Europas unterstützt und dazu beiträgt, die europäische Wettbewerbsfähigkeit auf globaler Ebene zu stärken.

Was die Richtlinie betrifft, erklärte Félix Braz, dass ihre Verabschiedung zu einer besseren Zusammenarbeit zwischen den Strafverfolgungsbehörden führt und ein erstes Rahmenwerk für den Datenschutz darstellt, das sowohl für die innerstaatliche als auch die internationale Datenverarbeitung gelte.

„Alle beteiligten Institutionen haben unter großem Aufwand zu dieser Reform beigetragen“, erklärte er, bevor er betonte, dass das Ergebnis „den Erwartungen der europäischen Bürger  und der in der digitalen Technologie aktiven Unternehmen gerecht werde“.

Die Erfolge des Ratsvorsitzes im Strafrecht

Dann erwähnte Félix Braz die Erfolge des Ratsvorsitzes im Strafrecht. Er begrüßte, dass während des luxemburgischen Ratsvorsitzes eine Einigung zwischen gemeinsamen Gesetzgebern über die Richtlinie zur Unschuldsvermutung sowieüber die Richtlinie in Bezug auf Verfahrensgarantien für in Strafrechtsverfahren verdächtige und beschuldigte Kinder getroffen werden konnte. „Es handelt sich hierbei um einen bedeutenden Fortschritt für den europäischen Rechtsraum.  Die Angleichung der verfahrensrechtlichen Bestimmungen der Mitgliedsstaaten stärkt die Gerechtigkeit der Strafverfahren und verbessert das gegenseitige Vertrauensverhältnis“, bestätigte er.

Hinsichtlich der Richtlinie zur Prozesskostenhilfe erklärte Félix Braz, dass die Verhandlungen noch andauerten und nur „langsam“ voranschritten, obwohl die Positionen zwischen dem Rat und dem Parlament „recht weit voneinander entfernt“ seien. „Ich hoffe, dass die Verhandlungen hinsichtlich dieses grundlegenden Instruments im kommenden Jahr abgeschlossen werden können”, sagte er.

Hinsichtlich der Richtlinie zu neuen psychoaktiven Substanzen meint der Minister, dass die Verhandlungen gut voranschreiten, aber seitens des Rates noch mehr Arbeit geleistet werden müsse.

Betreffend die Verordnung über die Errichtung einer Europäischen Staatsanwaltschaft erklärte Félix Braz, dass der luxemburgische Ratsvorsitz einen „beachtlichen Fortschritt“ machen konnte und „eine breite Unterstützung“ im Rat für die „ausschlaggebenden“ Artikel dieses zukünftigen Organs gewinnen konnte, wie z. B. der Kompetenz, die Ausübung der Kompetenz, die Ermittlungsmaßnahmen sowie die grenzüberschreitenden Ermittlungen.

Es sei daran erinnert, dass die Verordnung eine Europäische Staatsanwaltschaft einrichten soll, die die Aufgabe haben wird, die Täter von Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union strafrechtlich zu untersuchen, zu verfolgen und Anklage gegen sie zu erheben.

„Mit dem Abschluss der Verhandlungen im Rat über die grundlegenden Artikel sind wir zuversichtlich, dass eine starke, effektive und unabhängige Europäische Staatsanwaltschaft in der nahen Zukunft zur Realität werden kann“, sagte er voraus.

Hinsichtlich der Richtlinie in Bezug auf die Bekämpfung von Betrug zum Nachteil der finanziellen Interessen der Europäischen Union, in der unter anderem der sachlichen Zuständigkeitsbereich der Europäischen Staatsanwaltschaft festgelegt wird, wies Félix Braz darauf hin, dass infolge des Taricco-Urteils vom 8. September 2015, das eine Verbindung zwischen schwerem Mehrwertsteuerbetrug und der Interessengefährdung der EU herstellt, im Rat „lange und schwierige“ Diskussionen über die Einbeziehung der Mehrwertsteuer in die PIF-Richtlinie ausgelöst wurden.

Hinsichtlich der Reform von Eurojust  erklärte Félix Braz, dass „wir keine Fortschritte in Bezug auf den Verordnungsentwurf mangels einer Position des Europäischen Parlaments gemacht haben.“

Terrorismusbekämpfung

Zur Verstärkung des Kampfs gegen den Terrorismus hat der Rat während des luxemburgischen Ratsvorsitzes Schlussfolgerungen für eine strafrechtliche Antwort auf die Radikalisierung und den gewalttätigen Extremismus verabschiedet. „In diesem Zusammenhang war es für uns von besonderer Bedeutung, an der Prävention zu arbeiten.“ erläuterte Félix Braz.

Migrations- und Flüchtlingskrise

Félix Braz erklärte, dass zur Bewältigung der Migrations- und Flüchtlingskrise aus juristischer Perspektive der Rat gleichermaßen wichtige Arbeit im Hinblick auf die rechtliche Zusammenarbeit und den Kampf gegen die Fremdenfeindlichkeit geleistet hat. „Es handelt sich hierbei um Bereiche, in denen die Bedeutung der Ausbildung der Juristen nicht genug hervorgehoben werden kann“, bestätigt der Minister.

Ebenso hat der Rat die Kommission dazu aufgefordert, mit der Internet-Branche zusammenzuarbeiten, um die Verbreitung von Hassreden im Netz aufzuhalten.

„Da die Kriminalität von heute sich mehr und mehr im virtuellen Raum abspielt, müssen wir die Strafjustiz mit den notwendigen Mitteln ausstatten, damit sie sich dem neuen digitalen Zeitalter anpassen kann“, unterstrich Félix Braz bevor er erklärte, dass die Diskussionen zur Freigabe der vorrangigen Projekte in diesem Bereich begonnen wurden.

Vorratsdatenspeicherung

Schließlich berichtete Félix Braz, dass die Debatte im Rat am 3. Dezember bezüglich der nächsten Schritte in der Frage der Vorratsdatenspeicherung „sehr interessant und konstruktiv“ verlaufen ist, insbesondere, da die Mitgliedstaaten der Ansicht sind, dass das EuGH-Urteil vom 8. April 2014, mit dem die Richtlinie von 2006 zur Vorratsdatenspeicherung außer Kraft gesetzt wurde, nicht selbst die Sammlung und Speicherung von Daten verbietet. Er unterstrich, dass die nationalen Delegationen „eindeutige und präzise Forderungen“ formuliert haben, die im Rahmen „einer möglichen neuen Gesetzesinitiative berücksichtigt werden müssen.“

Fragen der Europaabgeordneten

Als Antwort auf eine Frage eines Europaabgeordneten hinsichtlich der Rekrutierung von Terroristen, betonte Félix Braz die Bedeutung der „Anwendung uns zur Verfügung stehender Gesetze", um dem Phänomen Einhalt zu gebieten. Er rief dazu auf, dass das Zusatzprotokoll des am 22. Oktober 2015 von der Europäischen Union unterzeichneten Übereinkommens des Europarats zur Prävention des Terrorismus ins EU-Recht umgesetzt werden müsse.

Was die Prävention anbelangt, erklärte der Minister, dass die Präventivmaßnahmen „mindestens genauso wichtig“ seien wie die Strafverfolgung selbst. Er erinnerte daran, dass die Ergebnisse der gemeinsam mit dem luxemburgischen Ratsvorsitz veranstalteten hochrangigen Konferenz über „die Antwort der Strafjustiz auf die Radikalisierung“ vom 19. Oktober 2015 in den Schlussfolgerungen des Rates „Justiz und Inneres“ aufgegriffen werden.

Hinsichtlich der Hassreden sagte Felix Braz, dass die Mitgliedstaaten schon über Gesetze verfügen, die ihnen einen Handlungsspielraum im Kampf gegen dieses Phänomen verschaffen.

Als Antwort auf eine Frage zur Notwendigkeit einer Verstärkung der legalen Zuwanderungsmöglichkeiten hob Félix Braz den vom Rat verabschiedeten Kompromiss zu neuen Vorschriften hervor, die die EU zugänglicher machen. Dies ist eine Maßnahme, die seiner Ansicht nach Teil der legalen Mittel ist, die eine Einreise in die EU ermöglichen.

In Bezug auf den Kampf gegen das organisierte Verbrechen sagte der Minister, dass das Abkommen über den Datenschutz „ein fundamentaler Bestandteil" für eine  bessere Qualität im Informationsaustausch der Polizei- und Justizbehörden verschiedener Mitgliedsstaaten darstelle.

Hinsichtlich der Prozesskostenhilfe erklärte Félix Braz, dass diese eine „grundlegende Verfahrensgarantie“ darstelle, die jedem Bürger das Zugang zum Recht ermögliche.

Im Hinblick auf die Europäische Staatsanwaltschaft verwies der Minister darauf, dass der Ratsvorsitz in den nächsten Tagen ein Dokument mit allen Artikeln (1 bis 35) veröffentlicht, die schon während der letzten drei Ratsvorsitze beschlossen wurden.

  • Letzte Änderung dieser Seite am 21-12-2015