Justiz und Inneres
Minister im Europäischen Parlament

Etienne Schneider präsentierte die Bilanz des luxemburgischen Ratsvorsitzes im Bereich Innere Sicherheit vor dem LIBE-Ausschuss des Europäischen Parlaments

Der stellvertretende Premierminister und Minister für Innere Sicherheit, Etienne Schneider, präsentierte am 21. Dezember 2015 die Bilanz des luxemburgischen Ratsvorsitzes der Europäischen Union im Bereich Innere Sicherheit vor dem LIBE-Ausschuss des Europäischen Parlaments. Der Kampf gegen den Terrorismus dominierte in dieser Bilanz.

Etienne SchneiderEtienne Schneider erklärte, dass die EU angesichts der Attentate von Paris am 13. November dieses Jahres „eine gemeinsame Antwort (…) unter voller Rücksichtnahme auf die individuellen Freiheiten und das Prinzip der Verhältnismäßigkeit“ finden müsse. Seiner Ansicht nach wurde dieses Ziel „zum großen Teil dank der Unterstützung durch das Europäische Parlament in seiner Rolle als Mitgesetzgeber und die Hilfe der Kommission durch ihr Initiativrecht“ erreicht.

Er wies darauf hin, dass in den folgenden Bereichen „beachtliche Fortschritte“ erzielt werden konnten: die Umsetzung einer erneuerten Strategie für die innere Sicherheit für den Zeitraum 2015-2020, die neue Europol-Verordnung und die PNR-Richtlinie, der Kampf gegen ausländische terroristische Kämpfer sowie der Kampf gegen den illegalen Waffenhandel.

Gleichwohl räumte der Minister hinsichtlich des Kampfes gegen ausländische terroristische Kämpfer ein, dass „die Union bisher nicht in der Lage Lage war, den globalen Zustrom von ausländischen terroristischen Kämpfern in die Konfliktgebiete einzudämmen“ und daher ihre Bemühungen in diesem Bereich verdoppeln müsse.  Die Tätigkeit der EU müsse seiner Ansicht nach auf drei Achsen fußen: „1) verhindern, dass Einzelne den Sprung wagen, sich in die Konfliktgebiete zu begeben, und zwar durch präventive Maßnahmen wie den Kampf gegen die Radikalisierung (in den Gefängnissen, über das Internet) oder den Gegendiskurs und den Dialog mit Drittländern ; 2) die Arbeit mit Einzelpersonen, die aus den Konfliktgebieten zurückkehren, und zwar durch begleitende Maßnahmen, Ermittlungen und Maßnahmen, die darauf abzielen, die Bewegungen dieser Personen nachzuvollziehen; 3) Bekämpfen der Kapazitäten dieser Gruppen, und zwar durch Eindämmen des Waffenhandels, Verhindern der Finanzierung dieser Aktivitäten und indem wir der Rekrutierung möglicher Terroristen entgegenwirken.“

Etienne Schneider erinnerte außerdem daran, dass der luxemburgische Ratsvorsitz am 20. November 2015 einen außerordentlichen Rat „Justiz und Inneres“ zum Kampf gegen den Terrorismus einberufen hatte, auf dem die Minister sich darauf einigten, dringende und wirksame Maßnahmen entschlossen umzusetzen, Maßnahmen, die „schon jetzt Früchte tragen“.

Er stellte vor allem die politische Einigung über die PNR-Richtlinie am 4. Dezember innerhalb des Rates sowie den positiven Beschluss des LIBE-Ausschusses am 10. Dezember heraus. Zudem hob er hervor, dass die Minister „sich durch eine gemeinsame Erklärung dazu verpflichtet haben, die Option zu nutzen, die ihnen zur Erfassung von Daten innereuropäischer Flüge zur Verfügung steht, und, wie es das Parlament forderte, die Daten anderer Wirtschaftsakteure in Betracht zu ziehen“.

Etienne Schneider fasste anschließend die Fortschritte im Kampf gegen den Waffenhandel zusammen: die „äußerst ehrgeizigen“ Schlussfolgerungen des Rates im Oktober 2015, die anschließende Verabschiedung einer Durchführungsverordnung zur Festlegung von Mindestnormen für die Deaktivierung von Schusswaffen durch die Kommission, und zwar am 18. November, der Vorschlag zur Revision, ebenfalls durch die Kommission, der Richtlinie, die unter dem zukünftigen Ratsvorsitz der Niederlande verabschiedet werden dürfte, und nicht zuletzt der Vorschlag eines Aktionsplans zur Bekämpfung des illegalen Handels mit Waffen und Sprengstoffen, der durch die Kommission vorgelegt wurde und der einen Maßnahmenkatalog erneut aufnimmt, der mit den Arbeiten im Rat koordiniert werden müsse.

Die Kommission müsse außerdem bis März 2016 Lösungen zur Modernisierung der Kontrollsysteme an den Außengrenzen vorlegen, hierbei sollen verstärkt die neuen Technologien zum Einsatz kommen. Der Rat forderte die Kommission zudem dazu auf, im Rahmen ihrer Vorschläge für intelligente Grenzen einen gezielten Änderungsvorschlag des Schengener Grenzkodexes in Bezug auf Artikel 7 Absatz 2 vorzulegen. „Dieser Vorschlag ist soeben vorgelegt worden und beinhaltet beim Überschreiten der EU-Außengrenzen systematische Identitätskontrollen der Person, ihrer Reisedokumente sowie Kontrollen in Bezug auf die Gefahr, die von Einzelpersonen in Bezug auf die innere Sicherheit ausgehen könnte“, erklärte der Minister.

Ein weiterer Punkt auf der Agenda des Ratsvorsitzes war der Informationsaustausch zwischen den Mitgliedsstaaten und der Agentur Europol. Dem Minister zufolge müssen hierbei zwei Aspekte unterschieden werden, und zwar 1) der Informationsaustausch zwischen Polizei- und Justizbehörden, hauptsächlich durch die Europol, sowie 2) der Nachrichtenaustausch durch die Kooperation zwischen den europäischen Nachrichtendiensten.

„Was den Informationsaustausch betrifft, muss der Akzent auf eine systematische Nutzung und die Verstärkung der bestehenden Instrumente gelegt werden“, betonte der Minister. Es geht darum, „die Informationen zu ausländischen terroristischen Kämpfern in das Schengener Informationssystem (SIS II) einzugeben, die Interoperabilität verschiedener Datenbanken sicherzustellen und die Arbeit der Europol zu unterstützen, insbesondere durch die Speisung der sachdienlichen Datenbanken der Agentur mit Informationen.“ Etienne Schneider zufolge „konnten in den vergangenen Monaten wesentliche Fortschritte erzielt werden, insbesondere in Bezug auf die systematische Inanspruchnahme des SIS“.

Der Ratsvorsitz hat sich außerdem dazu entschlossen, eine verstärkte Kooperation der Nachrichtendienste der Mitgliedsstaaten zu unterstützen. „Das Teilen von Informationen zwischen den Nachrichtendiensten ist notwendigerweise durch die Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten beschränkt, die sich von einem Mitgliedsstaat zum anderen unterscheiden können“, bemerkte der Minister mit Nachdruck an. „Dasselbe gilt für den Zugriff durch die Informationsdienste auf die Datenbanken von Polizei und Justiz, was den Austausch mit der Europol in bestimmten Mitgliedsstaaten behindern kann.“

Auch wenn die Kooperation der Informationsdienste nicht in den Kompetenzbereich der Europäischen Union fällt, „wurden solide Mechanismen der bilateralen und multilateralen Kooperation auf Nachfrage des Rates eingerichtet“, und zwar seit dem 11. September 2001. Unter dem luxemburgischen Ratsvorsitz hat die Antiterrorgruppe (GAT oder CTG), die die Informationsdienste der EU, Norwegens und der Schweiz zusammenfasst, sich dafür eingesetzt, vor Juli 2016 eine gemeinsame Plattform für den Informationsaustausch einzurichten, die zu einem „so umfassenden und schnellen multilateralen Austausch wie möglich“ führen soll.

Etienne Schneider ist der Ansicht, dass die Vereinbarung, die mit dem Europäischen Parlament über die neue Europol-Verordnung getroffen wurde, „einen weiteren großen Erfolg“ des luxemburgischen Ratsvorsitzes darstellt, ebenso wie die Umsetzung der erneuerten Strategie der inneren Sicherheit der Europäischen Union für 2015-2020 durch den Ratsvorsitz. 

Die Antworten von Etienne Schneider auf die Fragen der Europaabgeordneten

In seinen Antworten auf die Fragen der Abgeordneten gab Etienne Schneider weitere Informationen zu den Aktivitäten des luxemburgischen Ratsvorsitzes in Bezug auf den Austausch von Informationen zwischen den Diensten und dem Informationsaustausch zwischen Polizei- und Justizbehörden.

In Bezug auf den Aspekt des Informationsaustauschs ergriff der Ratsvorsitz die Initiative und lud fünf europäische Informationsdienste (Frankreich, Deutschland, Vereinigtes Königreich, Spanien und die Niederlande) zum informellen Rat „Justiz und Inneres“ am 9. Juli 2015 ein. In diesem Zusammenhang wurde den Ministern die Zusammenarbeit im Rahmen des GAT vorgestellt. Es war das erste Mal seit 2001, dass so vorgegangen wurde. 

Etienne Schneider bedauerte, dass fünf Mitgliedsstaaten und ein assoziierter Staat nur 50 % der übermittelten Informationen dem Kontaktpunkt „Focal Point Travellers“ der Europol bereitgestellt hätten und dass hier bisher nur 2 081 ausländische Kämpfer erfasst wurden. „Dennoch stellt dieser Kontaktpunkt ein wichtiges Instrument zur Nachverfolgung der Bewegungen ausländischer terroristischer Kämpfer dar“, betonte er. Eine weitere Sorge: „Die Hälfte der Mitgliedsstaaten setzen das EIS (Europol Information System) nicht zur Bekämpfung des Terrorismus ein. Nur 1 595 ausländische terroristische Kämpfer wurden in diesem System erfasst.“ Und auch: „Die Hälfte der Mitgliedsstaaten der EU hat noch keine Verbindung zwischen den Einheiten zur Bekämpfung des Terrorismus und dem Kanal für sichere Kommunikation der Europol, SIENA, eingerichtet.“

Unter dem luxemburgischen Ratsvorsitz wurde eine Bestandsaufnahme der Nutzung der bestehenden Instrumente vorgenommen. Dadurch sollte ermöglicht werden, ein genaues Bild der Einspeisung und Abfrage der unterschiedlichen Instrumente zu zeichnen, die auf der Ebene der Europol, der Interpol und Eurojust zur Verfügung stehen. Diese Bestandsaufnahme wird von der Kommission analysiert, um sowohl die technischen als auch juristischen Hindernisse zu identifizieren, die einen verstärkten Austausch auf europäischer Ebene behindern. Die Kommission ist ebenfalls dazu aufgerufen, die Mitgliedsstaaten auf finanzieller und technischer Ebene zu unterstützen, um die bereits identifizierten Mängel zu beheben, wie zum Beispiel die Verbindung aller Grenzposten mit den einschlägigen Datenbanken der EU.

Etienne Schneider ist der Meinung, dass die Interoperabilität der verschiedenen Instrumente verbessert werden muss, um die technischen Hindernisse auf der Vernetzungsebene zu überwinden. Dieser Aspekt ist besonders wichtig in Bezug auf die Systeme der Europol und der Interpol.

Die Einrichtung des ECTC (European Counterterrorism Center) durch die Europol am 1. Januar 2016 soll die Agentur zum „Knotenpunkt“ für den Informationsaustausch machen, um die Dienste zur Strafverfolgung in den Mitgliedsstaaten bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen.

Hinsichtlich der Prävention gegen Radikalisierung ist der Minister überzeugt, „dass der Kampf gegen den Terrorismus sich nicht nur auf repressive Maßnahmen beschränken darf, sondern dass dem Aspekt der Prävention ebenfalls besondere Beachtung zukommen muss“. Er setzt dabei auf „eine enge Zusammenarbeit zwischen den Behörden und den verantwortlichen Glaubensgemeinschaften und gesellschaftlichen Trägern“ und möchte solche Initiativen vermehrt von den bestehenden Instrumenten der EU unterstützt wissen.

In diesem Zusammenhang erwähnte er das Kompetenzzentrum und Sensibilisierungsnetzwerk RAN (Radicalization Awareness Network), dessen Aufgabe vor allem darin besteht, den Austausch bewährter Praktiken zwischen den Kräften vor Ort, den Experten der EU und der Zivilgesellschaft zu ermöglichen, sowie das SSCAT (Syrian Strategic Communication Advisory Team), das Strategien zu maßgeschneiderten „Gegendiskursen“ ausarbeitet.

Abschließend erwähnte er eine Begegnungsplattform, die von der Kommission initiiert wurde und die die europäischen Institutionen und Mitgliedsstaaten mit den Internetunternehmen (Facebook, Twitter, Microsoft) zusammenbringt, deren Ziel es ist, gemeinsame Lösungen zu finden, um das Phänomen der Online-Radikalisierung zu bekämpfen. „Nach den Debatten auf ministerieller Ebene auf dem Treffen des Rats „Justiz und Inneres“ vom 3. Dezember hat ein Unternehmen seine Nutzungsbedingungen bereits geändert, um die Rücknahme extremistischer Inhalte auf seinen Plattformen zu erleichtern und somit den Einfluss der Propaganda zu verringern“, verkündete Etienne Schneider, und erklärte: „Das Forum steht im Einklang mit der Arbeit der IRU (Internet Referral Unit), der Einheit für die Löschung extremistischer Inhalte im Internet, die im Zusammenhang mit der Europol erneut ins Leben gerufen wurde.“

  • Letzte Änderung dieser Seite am 21-12-2015