Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz
Ratssitzung

Bereich „Beschäftigung und Sozialpolitik“ des EPSCO-Rats – Die Förderung der Sozialwirtschaft, das Europäische Semester 2016 und die Integration der Langzeitarbeitslosen auf dem Arbeitsmarkt im Mittelpunkt der Diskussionen

Die Minister für Sozialfragen, Chancengleichheit und Gesundheit der EU-Mitgliedstaaten trafen sich am 7. Dezember in Brüssel zum letzten Treffen des Rats „Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz“ (EPSCO), das unter luxemburgischem Ratsvorsitz organisiert wurde. Die Tagung, die der Beschäftigung und der Sozialpolitik gewidmet war, wurde gemeinsam von Nicolas Schmit, Minister für Arbeit, Beschäftigung sowie Sozial- und Solidarwirtschaft, und Romain Schneider, Minister für Soziale Sicherheit, geleitet.

Europäisches Semester und Stärkung der sozialen Ausrichtung der Politik

Nicolas Schmit lors de la conférence de presse suivant le Conseil EPSCO, le 7 décembre 2015 à BruxellesZwischen den Ministern fand ein Meinungsaustausch über die Dokumente statt, die von der Kommission im Rahmen des Europäischen Semesters 2016, Koordinierungszyklus der sozialen Ausrichtung der Politik in der EU, basierend auf einem Vermerk des Ratsvorsitzes, vorgelegt wurde.

Das Europäische Semester begann am 26. November mit der Präsentation der Dokumente, welche den Jahreswachstumsbericht 2016, den Entwurf eines gemeinsamen Beschäftigungsberichts und den Warnmechanismus-Bericht (WMB) enthalten. Dieses Mal enthält das Paket auch den Entwurf einer Empfehlung für den Euro-Raum, der bisher gleichzeitig mit den länderspezifischen Empfehlungen im Mai oder Juni verabschiedet wurde.

Der EPSCO-Rat billigte die Aspekte Beschäftigung und Soziales des Entwurfs einer Empfehlung für den Euro-Raum. Die Verabschiedung dieser Empfehlung wird 2016 nach der Genehmigung der wirtschaftlichen Aspekte durch den Rat (Wirtschaft und Finanzen) und der Genehmigung des Europäischen Rats erfolgen.

„Wenn wir die soziale Dimension verstärken wollen – was für mich eine absolute Notwendigkeit sein könnte – wenn die Beschäftigung als Priorität behandelt werden muss, dann muss der EPSCO-Rat voll und ganz seine politische Rolle spielen, was er heute getan hat”, erklärte Nicolas Schmit während der Pressekonferenz, die dem Rat folgte. Der Minister wies darauf hin, dass viele Delegationen die Notwendigkeit betonten, „dem EPSCO-Rat seine politische Rolle in der wirtschafts- und sozialpolitischen Steuerung (Gouvernance) der EU zu übertragen“.

„Wir sind in einem Prozess, in welchem wir das Europäische Semester neu gestalten, und in diesem Zusammenhang gehen sämtliche Vorschläge der Kommission in die richtige Richtung”, fügte Nicolas Schmit hinzu. In seinen Augen ist es von nun an Sache des EPSCO-Rats seine Arbeiten zu vertiefen und zu erweitern, um sich „an dieses erweiterte Europäische Semester anzupassen”.

Der Prozess ist Teil des größeren Prozesses in Bezug auf die Vertiefung der WWU und der Verbesserung der wirtschaftlichen Steuerung der Politik, die durch besser ausgestaltete Sozialmaßnahmen ergänzt wird. Der Rat verabschiedete in diesem Zusammenhang Schlussfolgerungen über die sozialpolitische Steuerung für ein integratives Europa. „Wir haben das Gleichgewicht bezüglich der Ausrichtung der Politik durch die volle Integration der sozialen Dimension wiederhergestellt”, erklärte Nicolas Schmit. „Wir werden keinen weiteren Ansatz erstellen, sondern vielmehr die vorhandenen Instrumente nehmen und versuchen, diese auf bestmögliche Weise zu nutzen”, erläuterte Romain Schneider.

Nicolas Schmit vertrat die Auffassung, dass die Vertiefung und Integration der Wirtschafts- und Währungsunion als die beste Lösung für Fragen in Zusammenhang mit dem sozialen Schutz und der Beschäftigung. Im Verlauf ihres Essens tauschten sich die Minister über drei Themen in Bezug auf die Verbesserung der Leistungen im Sozial- und Beschäftigungsbereich aus: die Empfehlung der Kommission für die Schaffung von nationalen Wettbewerbsräten, den Begriff Flexicurity (Flexibilität und Sicherheit), und die Frage, wie die soziale Dimension in die Steuerung der Politik besser integriert werden kann.

Was das letzte Thema betrifft, wies Nicolas Schmit darauf hin, dass „die Frage der Säulen der sozialen Rechte, die die Kommission angekündigt hatte, und die Bedeutung der sozialen Indikatoren und der Beschäftigung“ von den verschiedenen Delegationen „reichlich“ genannt worden seien. „Wir erachten, dass die Integration der drei Indikatoren in Bezug auf die Beschäftigung [nämlich die Erwerbsquote, die Langzeitarbeitslosigkeit und die Jugendarbeitslosigkeit, Anm. d. Red.] im Verfahren bei makroökonomischen Ungleichgewichten ein Vorteil sein kann: dies entspricht der Erkenntnis, dass die Arbeitslosigkeit ein sehr großes makroökonomisches Ungleichgewicht ist und als solches behandelt werden muss“, erklärte der Minister. Er betonte, wie wichtig die Zusammenarbeit zwischen den Formationen ECOFIN und EPSCO des Rats seien. Der Minister wies ebenfalls darauf hin, wie notwendig es sei, Fragen im Zusammenhang mit den Ungleichbehandlungen und der Armut in den Sozialindikatoren zu berücksichtigen.

„In unserem Bericht über den Warnmechanismus und in unserer Analyse der makroökonomischen Ungleichgewichte messen wir den Sozialindikatoren nunmehr mehr Bedeutung bei”, erklärte ihrerseits Marianne Thyssen, EU-Kommissarin für Beschäftigung, soziale Angelegenheiten, Qualifikationen und Mobilität der Arbeitnehmer, und bezog sich mit dem Folgenden auf die drei von Nicolas Schmit erwähnten Indikatoren: „Diese Indikatoren werden uns helfen, die Beschäftigung und die sozialen Auswirkungen und Herausforderungen besser zu verstehen”.

Bezüglich der nationalen Wettbewerbsräte sprach der Minister „die eher negative Haltung“ von einigen Delegationen an. Er vertrat die Auffassung, dass diese „sich nicht in die Autonomie der Sozialpartner einmischen dürfen“, dass sie keine obligatorische Stellungnahme abgeben könnten und dass die Wettbewerbsfähigkeit sich nicht auf die Frage der Lohnkosten beschränke.

In Bezug auf die Flexicurity vertrat Nicolas Schmit die Auffassung, dass der Bereich „Sicherheit“ weitgehend vernachlässigt werde. Marianne Thyssen betonte, wie wichtig es sei, „das richtige Gleichgewicht“ zwischen Sicherheit und Flexibilität im Zusammenhang mit den Reformen der Arbeitsmärkte zu finden.

Sozialwirtschaft

Der Rat verabschiedete ebenso Schlussfolgerungen über die Förderung der Sozialwirtschaft als wesentliches Instrument für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung in Europa.

Zur Erinnerung: Am 4. Dezember 2015 hatten sechs EU-Mitgliedstaaten – Luxemburg, Frankreich, Italien, Spanien, die Slowakische Republik und Slowenien – die Erklärung von Luxemburg mit der Forderung verabschiedet, Unternehmen der Sozialwirtschft in der EU stärker zu unterstützen.

In seinem Entwurf der Schlussfolgerungen fordert der Rat die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, Strategien und Programme auf europäischer, nationaler, regionaler und/oder lokaler Ebene zur Stärkung der Sozialwirtschaft, von sozialem Unternehmertum und der sozialen Innovation zu entwickeln.

Er spricht sich ebenso für eine bessere Sichtbarkeit der Sozialwirtschaft und eine bessere Erfassung von Informationen aus, wodurch ein wirksamer Beitrag der Sozialwirtschaft zu den makroökonomischen Aggregaten bewiesen werden kann. Der Rat betont, wie notwendig es ist, dass Wissen und Erfahrungen über gemeinwirtschaftliche Unternehmen zu sammeln und deren Verbreitung zu unterstützen.  Er bezieht sich ebenso auf die Notwendigkeit, wirksame Mittel zur Teilhabe von Jugendlichen an der Sozialwirtschaft festzulegen und umzusetzen.

Der Rat fordert die systematischere Berücksichtigung der sozialen Innovation in den europäischen und nationalen Programmen als ein Mittel zur Erreichung der besten Ergebnisse im sozialen Bereich. Er betont, wie notwendig eine Weiterentwicklung eines für die gemeinwirtschaftlichen Unternehmen geeigneten Ökosystems auf der Ebene der EU und der Mitgliedstaaten sei. Er erinnert ebenso daran, wie wichtig ein geeignetes Regelungsumfeld sei.

Im Bereich des Zugangs zu Finanzmitteln hebt der Text insbesondere die Notwendigkeit hervor, die geeignetsten Finanzmittel zu erfassen und deren Verbreitung auf allen Ebenen zu fördern, um ein weltweites Finanz-Ökosystem zu schaffen und die Entwicklung und das Wachstum von gemeinwirtschaftlichen Unternehmen zu ermöglichen. Er ruft dazu auf, die EU-Mittel aktiv auszunutzen, wie die europäischen Struktur- und Investitionsfonds, die Programme EaSI und Horizon 2020, ermuntert zur Mobilisierung privater Mittel in Form von Eigenkapital oder Quasi-Eigentum.

Der Rat fordert die Kommission auf, die Sozialwirtschaft, die soziale Innovation und die Politik der sozialen Investitionen bei der Überprüfung der Strategie Europa 2020 zu berücksichtigen und die Verbreitung bewährter Praktiken in dieser Hinsicht zu unterstützen.

Schließlich ermuntern die Minister die gemeinwirtschaftlichen Unternehmen und die Sozialunternehmer zur aktiven Teilnahme an der Ausarbeitung einer europäischen Politik und europäischer Strategien zugunsten ihres Tätigkeitsbereichs.

Integration von Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt

Schließlich erreichte der Rat eine politische Einigung über eine Empfehlung in Bezug auf die Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt, welche von der Europäischen Kommission am 17. September verabschiedet und am 5. Oktober 2015 dem EPSCO-Rat vorgelegt wurde.

Auf der Grundlage der Beschäftigungsinitiative für jungen Menschen (Jugendgarantie) soll der Entwurf der Empfehlung eine Gruppe gezielt ansprechen, die von der Wirtschaftskrise betroffen ist, nämlich Langzeitarbeitslose, die älter als 30 Jahre sind, oder Arbeitslose, die zwischen 25 und 30 Jahre alt sind und nicht von der Jugendgarantie profitieren.

Die Einigung empfiehlt den Mitgliedstaaten, die Registrierung der Arbeitslosen bei den zuständigen Behörden und die Durchführung von Integrationsmaßnahmen, die enger mit dem Arbeitsmarkt in Verbindung stehen, insbesondere durch das Knüpfen stärkerer Verbindungen mit den Arbeitgebern. Der Text betont ebenso die Notwendigkeit, registrierten Langzeitarbeitslosen eine individuelle Bewertung zu geben und ihnen spätestens eine Vereinbarung über eine berufliche Integration anzubieten, sobald sie 18 Monate arbeitslos sind.

Die Vereinbarung unterstreicht, wie wichtig die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission für eine optimale Verwendung der europäischen Struktur- und Investitionsfonds, insbesondere des europäischen Sozialfonds, sei, erklärte Marianne Thyssen. Sie wies ebenso darauf hin, wie wichtig es sei,  die neu angekommenen Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt zu integrieren.

Verschiedenes

Die Kommission informierte den Rat über den Beschäftigungspakt für Jugendliche, der beim Gipfel „Unternehmen 2020" in Brüssel im November 2015 eingeführt wurde.

Der Ratsvorsitz informierte den Rat außerdem über folgende Gesetzgebungsvorschläge (die noch geprüft werden): die Verordnung in Bezug auf das europäische Netzwerk der öffentlichen Arbeitsverwaltungen, den Zugang der Arbeitsuchenden zu Portalen der beruflichen Mobilität und die Weiterführung der Integration in die Arbeitsmärkte (EURES); und die Entscheidung, eine europäische Plattform mit dem Ziel einzurichten, die Zusammenarbeit zu verstärken, um illegaler Beschäftigung vorzubeugen und sie zu verhindern.

Der Ratsvorsitz informierte den Rat zudem über die Konferenz „Digitale Wirtschaft: Bereit für die Jobs von Morgen!“

Schließlich informierte die Kommission den Rat über den europäischen Rechtsakt zur Barrierefreiheit.

  • Letzte Änderung dieser Seite am 07-12-2015