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Die Prävention und Bekämpfung jeglicher Art von Hassreden und -verbrechen in Europa stellen eine der wesentlichen Prioritäten des luxemburgischen Ratsvorsitzes dar, so Félix Braz anlässlich des ersten jährlichen Kolloquiums über Grundrechte

Am 1. und 2. Oktober 2015 richtet die Europäische Kommission in Brüssel das erste „jährliche Kolloquium über Grundrechte“ aus, dessen zentrale Themen die Bekämpfung von Antisemitismus und Hass gegen Muslime sowie die Förderung von Toleranz und Respekt in der Europäischen Union (EU) sind. Der Minister für Justiz, Félix Braz, äußerte sich dort am 1. Oktober 2015 im Namen des luxemburgischen EU-Ratsvorsitzes und rief dazu auf, Antisemitismus und Hass gegen Muslime in Europa keine Chance zu geben.

Diese Konferenz, deren Ziel es ist, in diesem Bereich die gegenseitige Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten zu verbessern, findet vor dem Hintergrund einer Zunahme von diskriminierenden Handlungen und Hassverbrechen in der EU statt.  Die Kommission ließ auf Grundlage der am 1. Oktober veröffentlichten Eurobarometer-Erhebung zu Diskriminierung verlauten, dass rund 50 % der Europäer der Meinung seien, dass Diskriminierung aufgrund der Religion oder Weltanschauung weit verbreitet ist (gegenüber 39 % im Jahr 2012). Dabei stellen Muslime die Religionsgemeinschaft dar, die die geringste Akzeptanz in der Öffentlichkeit erfährt, während die von der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) am 30. September 2015 über antisemitisch geprägte Straftaten veröffentlichten Daten belegen, dass antisemitische Vorfälle zunehmen.

Anlässlich des Kolloquiums kamen Mitglieder der muslimischen und jüdischen Gemeinden sowie Vertreter von nationalen und lokalen Behörden, von Nichtregierungsorganisationen und Firmen zusammen, um diesbezüglich bewährte Praktiken und zusätzlich zu ergreifende Maßnahmen zu erörtern.

Félix Braz erinnerte zum Auftakt seiner Rede an den Hintergrund, vor dem das Kolloquium vorbereitet wurde: „Europa und die Welt standen angesichts der fürchterlichen Anschläge in Paris im Januar dieses Jahres noch unter Schock und hatten geschworen, Antisemitismus und Hass gegen Muslime zu bekämpfen und zu verhindern“. Zwischenzeitlich, so der Minister, lege die Flüchtlingskrise den Schwerpunkt auf „unsere gemeinsamen europäischen Werte der Toleranz und des Respekts, die einige bedroht sehen“.

Um Intoleranz und Hass zu begegnen, plädierte Félix Braz für den Einsatz von Prävention und Strafverfolgung. „Wir müssen das Grundrecht der Meinungsfreiheit schützen und fördern, gleichzeitig aber dafür sorgen, dass die Grenzen klar gesteckt sind: nämlich die Freiheit und Würde anderer, einschließlich ihrer Religionsfreiheit“, so der Minister.

Die Prävention und Bekämpfung jeglicher Art von Hassreden und Hassverbrechen in Europa stellen insbesondere im Licht der Flüchtlingskrise eine der wesentlichen Prioritäten des luxemburgischen Ratsvorsitzes dar, versicherte Félix Braz. Das Thema wurde in die Tagesordnung der Sitzung des Rates „Justiz und Inneres“ am 8. und 9. Oktober aufgenommen, kündigte er an. Der Ratsvorsitz sei bestrebt, die Aufklärung und Verfolgung solcher Verbrechen auf Grundlage der Arbeit der Expertengruppe, die mit der Identifizierung von bewährten Praktiken in den Mitgliedstaaten betraut ist,  zu verbessern, erläuterte der Minister. Félix Braz nannte als Beispiel eine verbesserte Ausbildung von Behördenmitarbeitern, die für die Anwendung des Gesetzes verantwortlich sind.

Es sei nötig, die Erfassung von Hassreden und Hassverbrechen zu verbessern, fügte Félix Braz hinzu. Seiner Meinung nach könnte die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) hier mit einer Bestandsaufnahme der aktuellen Lage einen Beitrag leisten.

„Es ist wichtig, deutlich zu machen, dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist“, betonte Félix Braz. Er unterstrich die Bedeutung des Dialogs mit Internetanbietern und Betreibern sozialer Netzwerke im Kampf gegen die Verbreitung von Hassreden im Netz und kündigte an, dass die Verantwortung sozialer Netzwerke ebenfalls im Rahmen der Sitzung des Rates „Justiz und Inneres“ diskutiert werde.

Zwar hätten einige Mitgliedstaaten in diesem Bereich bereits gute Vorgehensweisen entwickelt, es bedürfe jedoch eines gemeinsamen europäischen Ansatzes für den Umgang mit einem Phänomen, das keine Grenzen kennt, betonte Félix Braz.

Über Prävention und Strafverfolgung hinaus unterstrich Félix Braz die Notwendigkeit geeigneter Hilfe für die Opfer solcher Verbrechen. In diesem Bereich sei es ihm zufolge weiterhin notwendig, die Zusammenarbeit zwischen der Zivilgesellschaft und den für die Anwendung geltenden Rechts zuständigen Behörden zu stärken.

„Hassreden sind häufig der erste Schritt in einem Radikalisierungsprozess“, stellte Félix Braz fest. Daher werde sich der Ratsvorsitz an der Organisation einer für den 19. Oktober 2015 in Brüssel anberaumten Ministerkonferenz mit dem Titel „Die Reaktion der Strafjustiz auf die Radikalisierung“ beteiligen. Man wird sich dort mit Präventionsmaßnahmen befassen und die Ergebnisse dieser Konferenz werden anlässlich der Sitzung des Rates „Justiz und Inneres“ im Dezember erörtert werden, versicherte der Minister.

Zum Schluss hob Félix Braz die große Bedeutung der Bildung hervor. „Die Ursache aller Hassreden und Hassverbrechen sowie der ihnen zugrunde liegenden Intoleranz liegt fast immer in einer tiefen Unwissenheit über den verachteten ‚Fremden‘“, erklärte er. „Daher fällt auf Seiten der Zivilgesellschaft und der für die Anwendung geltenden Rechts zuständigen Behörden den Schulen die wohl wichtigste Rolle bei der Bildung einer offenen und verantwortungsvollen Gesellschaft, die sich auf Respekt stützt, zu“, schloss der Minister und rief dazu auf, Europa zu einem Ort zu machen, an dem Antisemitismus und Hass gegen Muslime keine Chance haben.

  • Letzte Änderung dieser Seite am 01-10-2015