Wirtschaft und Finanzen
Minister im Europäischen Parlament

Pierre Gramegna vor dem Sonderausschuss TAXE des Europäischen Parlaments

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Am 22. September 2015 trafen die Abgeordneten des Sonderausschusses zu Steuervorbescheiden, genannt TAXE, in Brüssel den luxemburgischen Finanzminister Pierre Gramegna in seiner Eigenschaft als Repräsentant des luxemburgischen Vorsitzes des ECOFIN-Rats. Gemeinsam sprachen sie über die Bekämpfung von Steuerbetrug und -flucht sowie die Arbeiten des Rats während des luxemburgischen Ratsvorsitzes.

Bevor er Pierre Gramegna das Wort erteilte, lobte der Vorsitzende des Sonderausschusses TAXE, Alain Lamassoure, den Rat und seinen Vorsitz für „seinen Geist der Zusammenarbeit“.

Der Finanzminister unterstrich erneut, wie er es bereits am 15. Juli 2015 vor dem Ausschuss für Wirtschaft und Währung (ECON) des EU-Parlaments getan hatte, dass der luxemburgische Ratsvorsitz den Akzent auf die Bekämpfung von Steuerbetrug und -flucht setze und diese Priorität weiterhin auf der Tagesordnung des ECOFIN-Rats stehe.

Im Zusammenhang mit der Diskussion über die Steuervorbescheide erklärte er: „Die Finanzminister sind sich einig darüber anzuerkennen, dass sie keine Einnahmen verlieren dürfen, wo doch die Haushalte begrenzt sind und die Steuerzahler viel bezahlen, und man daher die Steuerlast umverteilen müsse. Zwischen den Befürwortern des Steuerwettbewerbs und denen, die dafür plädieren, dass große Unternehmen ihren Steueranteil zahlen, muss ein Ausgleich gefunden werden.“ Der Ratsvorsitz will zu einer Übereinkunft und zu einem Verhaltenskodex kommen, der in einem „pragmatischen Geist“ formuliert wird.  Die Annahme der Richtlinie über den Austausch von Informationen über die Steuervorbescheide ist eines seiner großen Ziele. Im Allgemeinen war die Bekämpfung des Steuerbetrugs und aller Formen von Steuerflucht das Thema einer Debatte beim informellen Treffen des Rats ECOFIN vom 11. September in Luxemburg.

Pierre Gramegna fasste anschließend die verschiedenen Themenpunkte zusammen.

Richtlinie über den Austausch von Informationen über Steuervorbescheide: Die Arbeiten der Kommission werden fortgesetzt, und der Rat macht große Fortschritte. Beim nächsten Treffen des ECON-Rats am 6. Oktober in Luxemburg kann eine Übereinkunft stattfinden, was eine Annahme vor Ende 2015 ermöglichen würde.

Die Arbeiten der Initiative BEPS (Kampf gegen die Erosion der Steuerbasis und das Verschieben von Gewinnen) der OECD: Ihre Schlussfolgerungen sollen in einem Monat veröffentlicht werden, und die Arbeiten innerhalb der EU werden ergänzt.

Die Neufassung der Richtlinie „Zinsen und Lizenzgebühren“: Sie stand auf der Tagesordnung des informellen Treffens vom 11. September, und Pierre Gramegna bezeichnete die Debatte als „einträglich“, wobei er dennoch einräumte, dass sich „delikate Fragen“ stellten und in die fortgesetzten Arbeiten integriert werden müssten.

Was bestimmte schädliche Aspekte des Steuerwettbewerbs betrifft, so erwähnte Pierre Gramegna die Umsetzung der Prinzipien eines Verhaltenskodex und die Diskussionen - insbesondere mit Liechtenstein - über schädliche Steuersysteme.

Bezüglich des effektiven Mindeststeuersatzes in der EU und im Hinblick auf Drittländer erklärte Pierre Gramegna, dass der Rat an Regelungsprinzipien und Mitteln zur Förderung dieser Prinzipien in den Drittländern arbeite, indem er auf die Netzwerke von Doppelbesteuerungsabkommen zurückgreift, die von den Mitgliedstaaten unterzeichnet wurden.

Als Antwort auf die Abgeordneten betonte Pierre Gramegna erneut, dass für den Ratsvorsitz „das wichtigste Thema“ das Abkommen beim ECOFIN-Rat am 6. Oktober zu den Steuervorbescheiden sei. Der gangbare Weg zu einem Konsens wird die Anwendung des automatischen Informationsaustauschs über die Steuervorbescheide sein, die seit 5 Jahren beschlossen sind. Mit diesem Abkommen kann die Kommission viele Informationen erhalten, aber bestimmte Regeln werden sie daran hindern, sämtliche Informationen zu bekommen, darunter die über die Namen. Dieser Punkt sollte daher ebenfalls schnell gelöst werden, um das Inkrafttreten der Richtlinie zu ermöglichen. Diese wird zunächst den automatischen Informationsaustausch erlauben, und erst anschließend wird es eine Diskussion darüber geben, was ein aggressiver Steuervorbescheid ist. Der Verhaltenskodex hingegen schließt diese Frage mit ein.

Auf die Frage zum „Aktionsplan bezüglich des Unternehmenssteuersystems“ der Kommission im Juni 2015, der eine Reform im Rahmen des Unternehmenssteuersystems der Europäischen Union vorschlägt, um Missbrauch zu bekämpfen, dauerhafte Einnahmen zu garantieren und die Verbesserung des Umfelds der Unternehmen im Binnenmarkt zu unterstützen, erklärte Pierre Gramegna, dass „wir ihn ernst nehmen“ und der Beweis dafür sei, dass er am 11. September in Luxemburg diskutiert wurde. Er fuhr fort: „Die Diskussion war zwar nicht öffentlich, aber an sich schon ein Fortschritt. Das Thema steht nun im Raum und wird in weiteren Richtlinien wiederkehren, so auch in der Richtlinie über Zinserträge und Lizenzgebühren. Es kann nicht alles sofort getan werden, denn viele Länder sind nicht begeistert.“

Was die Frage betrifft, ob man in die Richtung der  Berichte pro Land zur Steuerpolitik gehen solle, erklärte Pierre Gramegna, dass man die Ergebnisse der Studie der Kommission zur Analyse und zur Auswirkung, deren Auswertung und ihre Empfehlungen abwarten müsse.

In Bezug auf den Zugang zu den Dokumenten der Gruppe „Verhaltenskodex“, die sich mit dem Unternehmenssteuersystem beschäftigt, meinte Pierre Gramegna, dass im Hinblick auf die Art der Informationen, die die Gruppe erhält, ein voller und ganzheitlicher Zugang ihre Arbeit beeinträchtigen könne.

Pierre Gramegna ist der Ansicht, dass der Ratsvorsitz den Kontakt mit dem TAXE-Ausschuss des EU-Parlaments halten solle, um zufriedenstellende Lösungen für alle zu finden. Im Zusammenhang mit den Drittländern und dem Unternehmenssteuersystem lobte er eine wachsende steuerliche Zusammenarbeit innerhalb der EU und sprach von einem „System, das sich immer mehr angleiche“.  Ihm zufolge müssten die Drittstaaten früher oder später die Regeln des BEPS einhalten.  „Wir erleben eine Anpassung der Bedingungen“, äußerte er, denn BEPS ist eine Initiative der G20 und der OECD, die ein „level playing field“ schafft.

Der Vorsitzende des TAXE-Ausschusses, Alain Lamassoure, kommentierte abschließend den Dialog mit Pierre Gramegna: „Das Zeitfenster des luxemburgischen Ratsvorsitzes bietet eine Gelegenheit, und es besteht die Hoffnung, dass es vor Ende 2015 eine Übereinkunft zu den Steuervorbescheiden gibt. Im Idealfall müsste es auch eine zur GKKB (Gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage) geben.“ Was die Frage betrifft, ob man die Vorbescheide von vor 10 oder 5 Jahren mit einschließen soll, handelt es sich für Alain Lamassoure dabei um eine „absurde Fragestellung, denn man muss alle Vorbescheide berücksichtigen, auch wenn sie vor drei Jahrhunderten beschlossen wurden“. Ihm zufolge werde die Frage „Thema einer Debatte im Trilog“ sein. Ebenso wie Pierre Gramegna war er letztendlich der Meinung, dass die beim informellen Treffen des ECOFIN-Rats geführte Debatte zum Unternehmenssteuersystem einen „Fortschritt“ darstelle, denn das Steuersystem unterliege der Kompetenz der Mitgliedstaaten und ihrer nationalen Parlamente, die über den Steuerbetrag abstimmen. Dennoch soll die Debatte im ECOFIN-Rat fortgesetzt werden, und zwar öffentlich und demokratisch.

  • Letzte Änderung dieser Seite am 22-09-2015