Allgemeine Angelegenheiten
Treffen mit Drittländern

Die 2. Beitrittskonferenz auf Ministerebene mit Serbien unter dem Vorsitz von Jean Asselborn eröffnet die ersten beiden Kapitel der Verhandlungen über die Finanzkontrolle und die Normalisierung der Beziehungen zum Kosovo

cig-serbieJean Asselborn, der luxemburgische Minister für auswärtige und europäische Angelegenheiten, führte am 14. Dezember 2015 im Namen des luxemburgischen Vorsitzes des Rates der Europäischen Union auch den Vorsitz bei der 2. Beitrittskonferenz auf Ministerebene mit Serbien, die am Rande der Tagung des Rates „Allgemeine Angelegenheiten“ stattfand. Im Verlauf dieser Sitzung wurden die beiden ersten Kapitel der Verhandlungen – das eine betrifft die Finanzkontrolle, das andere die Normalisierung der Beziehungen zum Kosovo – für den EU-Beitritt von Serbien eröffnet.

Der mit der Erweiterungspolitik betraute EU-Kommissar Johannes Hahn vertrat die Kommission bei dem, was Jean Asselborn als einen „historischen Moment“ bezeichnete. Serbien war durch seinen Premierminister Aleksandar Vučić in Begleitung des Vizepremier- und Außenministers Ivica Dačić, des Finanzministers Dušan Vujović und der zuständigen Ministerin für Europäische Integration Jadranka Joksimović vertreten.

Während der Pressekonferenz verwies Jean Asselborn auf das „Versprechen der Europäischen Union gegenüber dem Balkan aus dem Jahre 2003 in Thessaloniki, bei welchem sie feierlich bekräftigt hatte, dass die Zukunft des Balkans innerhalb der Union liege“. Er hob außerdem sein eigenes Engagement hervor: „Von Anfang an habe ich mich persönlich intensiv für die Eröffnung der Verhandlungen und dann für die Eröffnung der ersten Kapitel der Verhandlungen mit Serbien eingesetzt. Aus diesem Grund bin ich besonders stolz darauf, dass schließlich unter dem luxemburgischen EU- Ratsvorsitz  die allerersten Kapitel eröffnet werden konnten, nämlich Kapitel 32 - ‚Finanzkontrolle‘ - und Kapitel 35 mit dem Titel ‚Sonstige Angelegenheiten‘, welches sich auf die Normalisierung der Beziehungen zum Kosovo bezieht.“

Jean Asselborn stellte ebenfalls heraus, was die serbische Seite in den letzten Monaten erreichen konnte: „Ohne die mutigen Entscheidungen der Behörden in Belgrad, ohne die Unterzeichnung der wesentlichen Abkommen vom 25. August, was für keine der beiden Parteien leicht war, wären wir nicht an dem Punkt angelangt, diese Kapitel zu eröffnen.“ Zur Erinnerung: Am 25. August 2015 unterzeichneten die Premierminister von Serbien, Aleksandar Vučić, und des Kosovo, Isa Mustafa, zur Normalisierung der Beziehungen zwischen Belgrad und Priština vier Abkommen in Bezug auf Energie, Telekommunikation, die Einrichtung eines Verbands/einer Gemeinschaft der Gemeinden mit serbischer Bevölkerungsmehrheit sowie über die Brücke von Mitrovica und die Freizügigkeit.

Die  Eröffnung dieser beiden Kapitel ist für Jean Asselborn „ein entscheidender Schritt in Richtung Europäische Union und in Richtung eines Projekts für den Frieden, die Solidarität und den Wohlstand des Kontinents“. Aber „nicht nur die beiden ersten Kapitel einer langen Reihe von 35 Kapitel erfordern erhebliche Anstrengungen von Serbien“ . Der Minister zeigte sich davon überzeugt, dass diese Anstrengungen „konkrete und direkte Vorteile“ für die serbische Bevölkerung in Bezug auf den Rechtsstaat und die Grundrechte oder darüber hinaus für Verwaltungs- und Wirtschaftsreformen bringen werden.

„Die Europäische Union wird Belgrads Anstrengungen in den kommenden Jahren aus der Nähe verfolgen“, fügte er hinzu und bezog sich hinsichtlich der anderen ersten zu eröffnenden Kapiteln auf diejenigen über die Rechtsstaatlichkeit und den Justizapparat (23 und 24), Kapitel, „die erst am Ende der Verhandlungen geschlossen werden, denn sie sind außerordentlich wichtig für eine echte Annäherung an die Werte, welche die Europäische Union vertritt“.

Um Serbien die Möglichkeit zu geben, sich mit den Entscheidungsprozessen der Europäischen Union vertraut zu machen, erinnerte Jean Asselborn daran, dass der luxemburgische Ratsvorsitz Serbien zu sieben informellen Sitzungen der EU auf Ministerebene und auf hoher Ebene eingeladen hatte, und stellte dabei klar, dass „dies eine Rekordzahl im Vergleich zu dem sei, wie es in der Vergangenheit üblich war“. Der luxemburgische Ratsvorsitz hatte Serbien darüber hinaus zur hochrangigen Konferenz zum Thema Flüchtlingsroute über den westlichen Balkan und das östliche Mittelmeer eingeladen, die am 8. Oktober in Luxemburg stattfand. Schließlich hatte Jean Asselborn seine serbischen Kollegen beim Ministerforum des Rates „Justiz und Inneres“ zwischen der EU und dem Balkan am 7. und 8. Dezember in Sarajewo wiedergesehen.

Johannes Hahn, EU-Kommissar für Europäische Nachbarschaftspolitik und Erweiterungsverhandlungen, begrüßte seinerseits Serbiens Anstrengungen bei der Annäherung an die EU und betonte, dass die Ziele nicht „ohne den Einsatz der serbischen Verwaltung und aller Bürger“ erreicht werden könnten. Daher sei es seiner Ansicht nach wichtig, den Bürgern Serbiens mitzuteilen, welche Vorteile ein EU-Beitritt habe.

Der Kommissar erinnerte im Anschluss an das wachsende Interesse von nicht europäischen Unternehmen, in Serbien zu investieren, wohl wissend, dass Belgrad mehr Garantien und Zuverlässigkeit aufgrund seiner „klar europäischen Perspektive“ biete. Dies gebe den serbischen Bürgern eine nachhaltige Perspektive und den Jugendlichen die Möglichkeit, in ihrem Land zu bleiben, wobei auf diese Weise gleichzeitig die Abwanderung hochqualifizierter Fachkräfte verhindert würde.

Was letztere betrifft, verwies Johannes Hahn darauf, dass dieses Jahr 1600 junge Serben das Europäische Programm Erasmus+ genutzt hätten. „Es werden weitere Möglichkeiten angeboten werden und ich bin sicher, dass die Bürger schon während des Beitrittsprozesses davon profitieren werden“, erklärte er.

Für den Kommissar stellt die Art und Weise, wie Serbien die Migrationsströme bewältigt habe, „den ersten Beweis“ dafür dar, dass Serbien „bereits ein volles EU-Mitglied sein könne und sei“. „Serbien hat eine solidarische Einstellung bewiesen, die manche EU-Mitgliedstaaten vermissen ließen“, hob er hervor.

„Jetzt muss die Arbeit beginnen. Ich bin davon überzeugt, dass jeder engagiert dabei ist“, schloss der Kommissar.

Der Premierminister Aleksandar Vučić sprach von einem großen Tag für sein Land. Mehr noch als die Wirtschaft „zählt für uns die Art der Gesellschaft“,erklärte er und betonte dabei, dass „Serbien Teil der demokratischen Familie Europas werden möchte“. Er verwies auf die Weltbank, den IWF und die Kommission, welche die Anstrengungen seines Landes, das es seiner Ansicht nach geschafft habe, die Rezession zu überwinden und einen ausgeglichenen Haushalt anzustreben, anerkennen würden. Die Kapitel, die am 14. Dezember eröffnet wurden, „sind für Serbien nicht einfach“, bemerkte er. Aber er könne sich vorstellen, dass sein Land die Verhandlungen mit der EU Ende 2018, Anfang 2019 abschließen werde, und war der Meinung, dass „Serbien ein Partner ist, auf den die EU zählen kann“. Ein Ziel, von dem er darüber hinaus hofft, dass es von allen westlichen Balkanstaaten erreicht wird. Er räumte ein, dass die nächsten Kapitel, die eröffnet werden müssten – Kapitel 23 und 24, die den Rechtsstaat und den Justizapparat betreffen –, Serbien helfen würden, „die Arbeit seines Justizapparats effizienter zu gestalten“.

Auf die Frage nach der Art und Weise, wie Serbien seine Ablehnung, die gegen Russland verhängten Sanktionen der EU anzuwenden, mit seinem Bestreben, EU-Mitglied zu werden, in Einklang bringen wolle, erklärte Aleksandar Vučić, dass sein Land sich auf sein strategisches Ziel – den EU-Betritt – konzentrieren werde und dass er sich dennoch wünsche, gleichzeitig die freundschaftlichen Beziehungen mit Russland aufrechtzuerhalten. „Wir werden mit der Zeit sehen, wie wir unsere Position an die der EU angleichen“, schloss er.

  • Letzte Änderung dieser Seite am 14-12-2015