Im Rahmen des luxemburgischen EU-Ratsvorsitzes organisierte das Ministerium für Arbeit, Beschäftigung sowie Sozial- und Solidarwirtschaft gemeinsam mit der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen (Eurofound) am 24. November 2015 eine Konferenz über die Arbeitsbedingungen, die in Luxemburg im Cercle Cité stattfand.
Eurofound stellte dort die ersten Ergebnisse der sechsten Untersuchung zu den Arbeitsbedingungen innerhalb der Europäischen Union vor. Die Untersuchung beschäftigte sich mit Themen bezüglich der Arbeitsqualität und liefert Informationen über sehr vielfältige Themen wie körperliche und psychosoziale Risiken am Arbeitsplatz, die Dauer und Organisation der Arbeitszeit, die Organisation der Arbeit, das Gleichgewicht zwischen Arbeits- und Familienleben. Die Vorstellung der ersten Ergebnisse war gefolgt von einer Diskussion über die zukünftigen Herausforderungen in Sachen Arbeitsbedingungen und die öffentlichen politischen Maßnahmen, die eine Arbeit für bessere Arbeitsbedingungen und qualifizierte Beschäftigung ermöglichen werden.
Seine Eröffnungsrede begann Nicolas Schmit, Minister für Arbeit und Beschäftigung, mit einem Lob der Arbeit von Eurofound, einer Stiftung, die in 40 Jahren im Dienste besserer Arbeitsbedingungen in Europa „unverzichtbar“ geworden ist. „Ihre Analysen gehören zum europäischen Sozialmodell, das entwickelt, verstärkt, angepasst werden muss“, kommentierte der Minister, der schätzt, dass die Arbeiten von Eurofound uns daran erinnern, dass „die Wirtschaftsleistung nicht haltbar ist, wenn man die menschlichen und sozialen Aspekte nicht berücksichtigt“. Ihm zufolge müssten die Untersuchungsergebnisse der Stiftung die politischen Entscheider noch mehr inspirieren und Unternehmer und Sozialpartner lenken.
Für Nicolas Schmit „ist das Humankapital unser wertvollstes Gut, vor allem in dieser Zeit tiefgreifender Veränderungen“. Der luxemburgische Ratsvorsitz lege den Schwerpunkt auf die Menschen, erinnerte er und erklärte, dass eine stärkere soziale Dimension u. a. bessere Arbeitsbedingungen bedeute, aber auch, in die Menschen zu investieren und die Arbeitslosigkeit, insbesondere bei den Jugendlichen, und sexuelle Diskriminierung zu bekämpfen.
Der Minister, der „überzeugt“ ist, dass „Schwarzarbeit soziale Ausgrenzung, Prekariat und eine riskantere Arbeitsumgebung schafft“, wiederholte die gerade mit dem EU-Parlament gefundene Einigung zur Einrichtung einer Plattform gegen Schwarzarbeit.
Nicolas Schmit erinnerte auch daran, dass der EPSCO-Rat am 5. Oktober Schlussfolgerungen zu einer neuen Agenda für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz zur Förderung besserer Arbeitsbedingungen verabschiedet hat. Der Minister gab mehrere der Ziele an, die von den Arbeitsministern in diesen Schlussfolgerungen verfolgt werden.
Erstens müsse man „sichergehen, dass die EU weiterhin eine führende Rolle bei der Förderung hoher Standards in Sachen Arbeitsbedingungen spielt“, betonte der Minister. In seinen Augen ist es umso wichtiger, da die Notwendigkeit verpflichtender Standards manchmal im Namen der Reduzierung von Vorschriften, die von den Unternehmen als zu kostspielig angesehen werden, in Frage gestellt wird.
Zweitens, betonte Nicolas Schmit, müsse man „die durch die digitale Revolution hervorgerufenen Veränderungen der Arbeitswelt und der Arbeitsbedingungen in Betracht ziehen“. „Das wird in den kommenden Jahren eine bedeutende Herausforderung sein“, schätzte der Minister, der zur Entwicklung neuer Antworten aufruft, die dafür sorgen, dass technischer Wandel, Digitalisierung und neue Beschäftigungsformen die Gesundheit und die Sicherheit am Arbeitsplatz nicht in Frage stellen, und auch keine prekäreren Arbeitsbedingungen schaffen. Nicolas Schmit nannte die Schlussfolgerungen des Rats, in denen die Minister „die Notwendigkeit“ betonen, „die Herausforderungen und potenziellen Risiken in Verbindung mit Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz zu verstehen und zu bestimmen, was neue Formen der Beschäftigung und der Arbeitsorganisation betrifft, die neuen Berufe, die vielseitigeren Beschäftigungen und atypischen Arbeitszeiten in Bereichen wie Subunternehmen, Online-Arbeit, „Crowd-Work“ (wörtlich Massenarbeit), Arbeit auf Anfrage, Wirtschaft des Teilens, Logistikketten oder auch Scheinselbstständigkeit“. „Das sind die neuen Realitäten der Arbeitswelt“, kommentierte der Minister und ihm zufolge werden sie „unzureichend berücksichtigt, wenn man nach annehmbaren Arbeitsbedingungen und einer sicheren Arbeitsumgebung strebt“. Nicolas Schmit erwähnte in diesem Zusammenhang eine Konferenz über die Auswirkungen der digitalen Revolution auf die Beschäftigung und die Arbeitswelt, die am 10. und 11. November im Rahmen des Ratsvorsitzes in Luxemburg stattfand. Er nannte in diesem Zusammenhang insbesondere den Bericht mit dem Titel „Digitaler Wandel und Leben am Arbeitsplatz“, der auf Anfrage der französischen Regierung von Bruno Mettling erstellt wurde. Die Sozialpartner wurden sich dieser Veränderungen bewusst, bemerkte der Minister, bevor er dazu aufrief, „diese Veränderungen in unsere Überlegungen miteinzubeziehen“.
Nicolas Schmit setzte anschließend den Schwerpunkt auf die Notwendigkeit, „das Niveau des Schutzes vor krebserregenden und gefährlichen Stoffen am Arbeitsplatz zu erhöhen“, was von den Arbeitsministern als Priorität eingestuft wurde. Der niederländische Ratsvorsitz verkündete seine Absicht, an diesem Thema zu arbeiten, lobte er und betonte, dass die Kommission zu einer Verbesserung der Gesetzgebung aufgefordert sei. Die Eurofound-Untersuchung zeigt, dass die Anzahl der Personen, die chemischen oder infektiösen Materialien ausgesetzt sind, gestiegen ist, stellte der Minister fest, der darin „eine reelle Gefahr“ sieht.
Für Nicolas Schmit ist es im Übrigen "nicht ausreichend, unsere Tools zu verbessern, wir müssen auch die passenden Ressourcen für eine effiziente Umsetzung der Gesetzgebung zu Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz l haben, sowie die Präventivmaßnahmen zur Unterstützung der Unternehmen bei der Prävention und Behandlung von Risiken am Arbeitsplatz". Der Minister stellte in diesem Zusammenhang die Wichtigkeit der Rolle der Gewerbeaufsicht für die Verbesserung der effizienten Umsetzung der Gesetzgebung fest.
Der Minister rief die Regierungen zur Mobilisierung und zur Miteinbeziehung der Sozialpartner auf und bemerkte in diesem Zusammenhang, dass es nicht ausreiche, von einer Verstärkung des sozialen Dialogs zu sprechen, sondern dass man diesen konkret durch Verhandlungen verbessern müsse, die zu Einigungen führen, welche die Arbeitswelt verbessern. „Diese Einigungen sind nicht zwangsläufig mit einer besseren Gesetzgebung unvereinbar“, zeigte der Minister auf.
Nicolas Schmit warf auch die komplexe Frage der Arbeitszeit auf, wobei die Herausforderung darin besteht, Flexibilität und Gleichgewicht zwischen Arbeits- und Privatleben miteinander zu kombinieren. „Es muss das richtige Gleichgewicht zwischen den Veränderungen in unseren Unternehmen und den Wünschen der Menschen in Bezug auf ihr Privatleben gefunden werden“, gab der Minister an. „Die Arbeitszeit hat keine Grenzen mehr“, stellte er fest, denn „für viele gibt es den 8-Stunden-Tag nicht mehr, da sie stets zur Verfügung stehen müssen“. „Das ist für den Einzelnen nicht haltbar“, meinte der Minister, aber das ist es auch „weder für die Unternehmen, noch für die Gesellschaft“. Es ist daher seiner Meinung nach eine echte Herausforderung, Grenzen zwischen Privat- und Berufsleben zu finden.
Ihm zufolge sollte die Eurofound-Untersuchung die Minister und andere Akteure dazu anleiten, eine neue Politik zu definieren und umzusetzen. „Insgesamt hat sich die Situation in Europa nicht verschlechtert“, bemerkte er, aber er verliert auch nicht aus den Augen, dass dies noch lange nicht bedeutet, dass die Situation perfekt ist. Die Krise sei nicht zu Ende, stellt Nicolas Schmit in der Tat fest und listet eine Arbeitslosenquote auf, die vor allem bei den älteren Arbeitern und den Jugendlichen hoch ist, sowie eine Beschäftigungsquote, die niedriger ist als vor der Krise, prekärere Arbeitsbedingungen, oder auch das Aufkommen armer Arbeiter in mehreren Ländern.