Justiz und Inneres
Minister im Europäischen Parlament

Nicolas Schmit spricht vor dem Europäischen Parlament über die Konsequenzen der Aussetzung der „Safe Harbour“-Regelung, in der die Übermittlung von Daten zwischen der EU und den USA geregelt ist

Nicolas Schmit devant le Parlement européenDer Minister Nicolas Schmit, der für die Zeit des luxemburgischen EU-Ratsvorsitzes mit den Beziehungen zum Europäischen Parlament betraut ist, äußerte sich am 14. Oktober 2015 in einer Plenardebatte der Versammlung in Brüssel über die Konsequenzen des „Schrems“-Urteils durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH), insbesondere über die Übermittlung von Daten zwischen der EU und den Vereinigten Staaten von Amerika.

In diesem Urteil vom 6. Oktober 2015 hatte der Gerichtshof die Entscheidung der Europäischen Kommission aus dem Jahre 2000 de facto für ungültig erklärt. In dieser Datenschutzregelung zur Privatsphäre („Safe Harbour“) sind die Datenströme von Daten in die USA geregelt. Die Richter begründeten ihre Entscheidung mit der Tatsache, dass die Gesetzgebung und Praxis in den Vereinigten Staaten den Behörden in großem Umfang Zugang zu persönlichen Daten von EU-Bürgern verschaffe und kein ausreichender und wirksamer Rechtsschutz für diese Bürger bestünde.

Die Konsequenzen des Urteils des Gerichtshofs müssten „sorgfältig analysiert“ werden, sagte Nicolas Schmit, und dies betreffe auch den Rat

Mit dem Hinweis, dass es in erster Linie Aufgabe der Kommission sei, ihre Absichten nach der Aufhebung der Entscheidung darzulegen, erinnerte Nicolas Schmit zu Beginn der Debatte jedoch ebenfalls daran, dass das Thema nicht nur die Kommission, sondern auch den Rat, die Mitgliedstaaten und die Bürger betreffe. In diesem Kontext erwähnte er, dass das Europäische Parlament „regelmäßig Unzulänglichkeiten aufgezeigt habe”, die in Bezug auf die Datenströme unter Safe Harbourbestanden hätten. „Bereits vor den Snowden-Enthüllungen hat das Parlament in der Tat seine Bedenken in Bezug auf das Datenschutzniveau geäußert und die Aussetzung von Safe Harbour gefordert, bis diese Mängel behoben seien”, so Schmit.

Auch wenn der Gerichtshof nun entschieden habe, „dass die Entscheidung „Safe Harbour” nicht genug Schutz biete”, forderte Nicolas Schmit die Konsequenzen des Urteils „sorgfältig zu analysieren”.Dies schließe auch den Rat ein. Er teilte den Abgeordneten mit, dass die Kommission in dieser Hinsicht eine erste Einschätzung der möglichen Konsequenzen in der Sitzung des Rats „Justiz und Inneres“ (JAI) am 9. Oktober 2015 abgegeben habe. „Das Urteil des Gerichts betreffe eine Entscheidung der Kommission“, fuhr er fort und stellte fest, dass es daher „in erster Linie, an ihr“ liege, die Konsequenzen daraus zu ziehen.

Darüber hinaus stellte der Minister fest, dass auch wenn das Urteil die Befugnisse der Europäischen Aufsichtsbehörden im Zusammenhang mit der Übertragung von Daten an Drittstaaten „klarstelle”, es ebenso wichtig sei, dass die Kommission „eng mit diesen Behörden zusammenarbeite“ um sicherzustellen, dass das Urteil „einheitlich interpretiert und angewandt wird.“

Gegenüber den Abgeordneten sagte Nicolas Schmit, dass „den Bürgern unmittelbar die Sicherheit gegeben werden solle, dass ihre Daten geschützt sind.” „Darüber hinaus müssten die Unternehmen über weitere rechtliche Möglichkeiten zur Übertragung von Daten in die Vereinigten Staaten im Hinblick auf das Urteil des Gerichtshofes informiert werden“, fügte er hinzu.

Langfristig gesehen müsste die Kommission entscheiden, was auf die Safe Harbour-Entscheidung folgen soll, sagte der Minister. Er sei der Ansicht, dass die Antwort auf diese Frage in einem „engen Dialog mit den amerikanischen Behörden“ gefunden werden müsse. Jede Reaktion müsse „das Urteil des Gerichtshofs“ und seine Prinzipien vollständig respektieren, so Nicolas Schmit. „Die Kommission sollte aber die wirtschaftliche Bedeutung des regelmäßigen und rechtskonformen Datenflusses zwischen den USA und der EU berücksichtigen”, betonte er.

Der Minister war der Meinung, dass da der Gerichtshof darauf hingewiesen hat, dass jedes EU-Instrument den Schutz personenbezogener Daten „auf einem hohen Niveau“ und unter Einhaltung der Charta respektieren solle, insbesondere was die Übertragung dieser Daten an Drittstaaten betreffe, der Rat und das Europäische Parlament ihre Arbeit „für einen neuen soliden Rechtsrahmen für den Datenschutz fortsetzen müssten.“ „Ich denke, dass mit diesem Urteil der Abschluss dieser Reform bis Ende des Jahres noch dringender und notwendiger wird”, schloss er seine Rede ab.

Es dürfe nicht das Prinzip „Business as usual” gelten, sagte Věra Jourová

Die EU-Kommissarin für Justiz, Verbraucher und Gleichstellung, Věra Jourová, sagte, dass die Kommission die Entscheidung des Gerichtshof respektiere und dieser entspräche, so wie dies alle Anspruchsgruppen müssten.”Safe Harbour darf somit nicht mehr als Rechtsgrundlage für die Übertragung transatlantischer Daten dienen”, fügte sie hinzu und stellte heraus, dass hier nicht das Prinzip „Business as usual” gelten dürfe.

Die Kommissarin stellte außerdem fest, dass in diesem Zusammenhang kurzfristige Maßnahmen notwendig seien, sowohl um den Bürgern Sicherheit zu vermitteln, als auch den in diesem Bereich aktiven Unternehmen zur Seite zu stehen. In dieser Hinsicht arbeite die Kommission eng mit dem Europäischen Datenschutzbeauftragten innerhalb der Gruppe „Artikel 29”, zusammen, in der die nationalen Datenschutzbeauftragten zusammenkommen und die einen „Dialog mit Unternehmen” führt. Dies diene dazu, eine klare Ausrichtung festzulegen, um eine Fragmentierung des Binnenmarktes zu vermeiden, sagte sie.

Was die amerikanische Seite beträfe, so die Kommissarin, müssten die USA „diese Anforderungen im Rahmen ihrer nationalen Rechtsordnung und in ihrer Praxis erfüllen”. Věra Jourová zeigte sich nach den ersten Verhandlungen mit den amerikanischen Verantwortlichen in diesem Zusammenhang optimistisch. „Die Reformmaßnahmen stimmen mich positiv, wie zum Beispiel der „US Safe Freedom Act” oder die Gesetzesvorlage zu Rechtsansprüchen, die aktuell diskutiert wird.”

Die Kommissarin betonte zudem, dass man sehr deutlich mit den amerikanischen Partnern sein müsse, da die Europäer Garantien für die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen bräuchten, wenn es um die in die USA übertragenen Daten ginge. Das Ziel sei es, „eine solide Verpflichtung” des amerikanischen Partners zu erzielen und dass die Daten der Europäer besonders gutund mindestens auf dem gleichen Niveau wie in Europa geschützt würden. Sie kündigte an, die Gespräche mit den USA zu verstärken und die Parlamentarier regelmäßig über den Austausch auf dem Laufenden zu halten.

Die Debatte

In der anschließenden Debatte begrüßten die wichtigsten politischen Fraktionen das Urteil des Gerichtshofs und betonten die Notwendigkeit, einen neuen und soliden Rechtsrahmen für den Datenschutz zu schaffen. Viele von ihnen unterstrichen die rechtliche Unsicherheit, die aus dem Urteil hervorginge, was den europäischen Unternehmen, die von der transatlantischen Datenübertragung betroffen seien, schaden könne.

Sie betonten die Bedeutung des Schutzes der Privatsphäre der EU-Bürger und einige riefen die US-Regierung dazu auf, ihre Rechtsvorschriften über den Schutz der Privatsphäre der Verbraucher zu überprüfen. Alle forderten die Europäische Kommission dazu auf, schnell zu handeln.

  • Letzte Änderung dieser Seite am 14-10-2015