Die am 30. November und 1. Dezember 2015 in Luxemburg anlässlich der 54. COSAC-Sitzung versammelten Vertreter aus den verschiedenen Parlamenten der EU-Mitgliedstaaten entschieden, ihren ersten Arbeitstag mit einer Debatte über die Strategie für einen digitalen Binnenmarkt in Europa abzuschließen. Bei dieser Gelegenheit präsentierte der EU-Kommissar für den digitalen Binnenmarkt und Vizepräsident der Kommission, Andrus Ansip, die von der Europäischen Kommission am 6. Mai 2015 eingeleitete Initiative, deren Ziel es ist, die regulatorischen Hemmnisse im digitalen Zeitalter zu beseitigen und aus den 28 nationalen Märkten einen einzigen Binnenmarkt zu formen. Nach den Redebeiträgen der nationalen Parlamentarier begrüßte der EU-Kommissar den „breiten Konsens“ hinsichtlich der Errichtung des digitalen Binnenmarktes in Europa.
Zur Erinnerung: Die Strategie der Kommission für die Schaffung eines digitalen Binnenmarktes definiert 16 Initiativen, die sich in drei große Bereiche gliedern lassen: die Verbesserung des Zugangs zu digitalen Waren und Dienstleistungen in ganz Europa für Verbraucher und Unternehmen, die Schaffung eines günstigen Umfelds und gleicher Wettbewerbsbedingungen für die Entwicklung von innovativen digitalen Netzen und Dienstleistungen sowie die Maximierung des Wachstumspotenzials der digitalen Wirtschaft. Der Kommission zufolge könnte ein vollkommen funktionsfähiger digitaler Binnenmarkt mit 415 Milliarden EUR pro Jahr zur Wirtschaft der EU beitragen und Hunderttausende neuer Arbeitsplätze schaffen.
Andrus Ansip fordert Institutionen zur Zusammenarbeit auf, damit die Strategie für den digitalen Binnenmarkt ein Erfolg wird
Während seines Redebeitrags sprach der EU-Kommissar für den digitalen Binnenmarkt und Vizepräsident der Kommission, Andrus Ansip, von einer „großen Gelegenheit, Europa zu einem dynamischen und digitalen Raum auszugestalten“. Die Strategie für den digitalen Binnenmarkt legt fest, „was in allen Bereichen der digitalen Wirtschaft geändert und modernisiert werden muss“, erinnerte er. Darunter fallen die Mehrwertsteuer, die Telekommunikation, die Plattformen, das Geoblocking und auch die personenbezogenen Daten.
Der EU-Kommissar teilte außerdem mit, dass die Kommission im Begriff sei, vor Ende Dezember ein Strategiepapier über die Urheberrechte sowie vor Mitte Dezember einen Legislativvorschlag zur Entwicklung des elektronischen Handels durch sichere grenzübergreifende Vorschriften für Verbraucher und Unternehmen zu veröffentlichen. Im Laufe des Jahres habe die Kommission zudem 11 öffentliche Konsultationen zu Themen wie Online-Plattformen oder Telekommunikation durchgeführt, erklärte er.
Beim Thema Plattformen hob Andrus Ansip deren „immer wichtiger werdende sozio-ökonomische Rolle“ hervor und fügte hinzu, dass sie Innovationen und Perspektiven im Bereich des Wachstums und der Beschäftigung mit sich bringen würden. „Einige haben jedoch Bedenken hinsichtlich der Kontrolle über ihre Daten“, präzisierte er.
Der EU-Kommissar begrüßte die erzielten Fortschritte im Bereich der Telekommunikation und insbesondere die mit dem Europäischen Parlament und dem Rat am 30. Juni 2015 geschlossene Vereinbarung zur Abschaffung der Roaminggebühren bis Juni 2017 und zur Sicherstellung eines offenen Internets. „Es gibt jedoch noch viel zu tun, bis Europa über einen wettbewerbsfähigen Telekommunikationssektor verfügt“, sagte er.
Zum Schluss rief Andrus Ansip die Parlamente der Mitgliedstaaten dazu auf, ihre Ansichten zu teilen und sich zu beteiligen, damit der Vorschlag der Kommission ein Erfolg wird. „Wir müssen einen digitalen Binnenmarkt schaffen, können dies jedoch nur erreichen, wenn wir zusammenarbeiten, unter Mitwirkung der nationalen Parlamente, des Europäischen Parlaments und der Kommission.“
Jean-Paul Zens ruft zur Schaffung günstiger Bedingungen für Unternehmen im europäischen Digitalsektor auf
Jean-Paul Zens, erster Regierungsberater beim Staatsministerium von Luxemburg, wies darauf hin, dass der digitale Binnenmarkt integraler Bestandteil des Binnenmarktes ist. „Jedes Hindernis in der digitalen Welt ist auch ein Hindernis in der Offline-Welt“, erklärte er und fügte hinzu, dass die Fragmentierung des Online-Binnenmarktes in 28 nationale Minimärkte trotz des globalen und grenzüberschreitenden Charakters des Internets immer noch spürbar sei. Und diese Schwierigkeiten schlagen sich zweifellos auf die Unternehmer des europäischen Digitalsektors nieder, die versuchen, ihr Unternehmen über die einzelstaatlichen Grenzen hinaus zu entwickeln, präzisierte er.
Der Redner wies auch darauf hin, dass der luxemburgische Ratsvorsitz den Vorschlag der Kommission zur Schaffung eines digitalen Binnenmarktes in vollem Umfang unterstützt, indem er die Diskussionen im Rat und in anderen Foren fortsetzt und verschiedene Veranstaltungen zu diesem Thema organisiert, darunter insbesondere das „European Data Forum“, das am 16. und 17. November 2015 in Luxemburg stattgefunden hat. Was die laufenden Legislativdossiers betrifft, erklärte Jean-Paul Zens, dass der Abschluss der Reform für den Schutz personenbezogener Daten eine Priorität des luxemburgischen Ratsvorsitz bleibe, da sie eine „unerlässliche Bedingung für die Verwirklichung des digitalen Binnenmarktes“ sei.
Abschließend bekräftigte der Redner noch einmal, dass es notwendig sei, günstige Bedingungen für die Unternehmen des Digitalsektors in Europa zu schaffen, und ihnen so die Mittel zu geben, um mit den Branchenriesen konkurrieren zu können.
Beiträge der nationalen Parlamentarier
Nach den Vorträgen der Redner wurden die Parlamentsabgeordneten eingeladen, das Wort zu ergreifen.
Der französische Senator Jean Bizet appellierte, auf die Rolle der großen Plattformen zu achten, die den KMU ihre Ansichten aufzwingen und einen unlauteren Wettbewerb fördern könnten.
Nach Meinung des belgischen Senators Philippe Mahoux müsse die digitale Kluft berücksichtigt werden, die ihm zufolge noch eine Realität sei.
Der schwedische Abgeordnete und ehemalige Europaabgeordnete (Grüne/EFA), Carl Schlyter, bezeichnete Geoblocking als eine „dumme und altmodische“ Praktik. Was die Reform der Urheberrechte anbelangt, wies er darauf hin, sicherzustellen, dass sie die Innovation nicht behindere und innovative Unternehmen nicht in ihrem Elan bremse.
Der französische Abgeordnete Philip Cordery präzisierte, dass die digitale Strategie „auf unsere Wachstumsziele eingehen“ müsse und darauf zu achten sei, dass keine virtuelle Besteuerung geschaffen werde. Ihm zufolge ist die Frage der Besteuerung des Digitalsektors von wesentlicher Bedeutung, damit keine Steuern umgangen werden.