Umwelt
Ratssitzung

Rat „Umwelt“ – Die Minister diskutierten über das Emissionshandelssystem, umweltbelastende Subventionen und weltweite Ziele für eine nachhaltige Entwicklung

conseil-envi-dieschbourgDie Umweltminister der Europäischen Union (EU) kamen am 26. Oktober 2015 in Luxemburg zu einer Ratssitzung unter dem Vorsitz von Carole Dieschbourg, der luxemburgischen Umweltministerin, zusammen. Sie diskutierten dort über den Vorschlag einer erneuten Überprüfung des EU-Emissionshandelssystems (EHS) sowie über die Umweltdimension im Rahmen des Europäischen Semesters und beschäftigten sich mit der Umsetzung der Agenda 2030 für eine nachhaltige Entwicklung, die auf dem UN-Gipfel in New York im September 2015 verabschiedet wurde. Dieser letzte Punkt war Thema eines Arbeitsessens mit den Ministern für Entwicklungszusammenarbeit, an dem auch der luxemburgische Minister dieses Ressorts, Romain Schneider, teilgenommen hat. Die Volkswagen-Affäre stand ebenfalls auf der Tagesordnung.

Erneute Überprüfung des EU- Systems für den Treibhausgasemissionshandel

Die Minister führten eine erste Orientierungsaussprache zur erneuten Überprüfung des EU-Emissionshandelssystems (EU EHS). Als Grundlage diente ein Arbeitspapier des luxemburgischen Ratsvorsitzes, demzufolge die EU verpflichtet ist, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 40 % im Vergleich zu den Werten von 1990 zu senken. Die Beiträge der Minister im Verlauf der Sitzung dienen als politische Orientierung, anhand derer der Rat dieses Thema angehen wird. Die Kommission hingegen hat ihren Vorschlag für eine Richtlinie bereits im Juli 2015 vorgestellt.

Mehrere Delegationen betonten die „Notwendigkeit eines EHS, mit dessen Hilfe es möglich ist, die Ziele zu erreichen und das hinsichtlich der Klimapolitik glaubwürdig ist“, so die Ministerin Carole Dieschbourg. Andere äußerten den Wunsch, die Diskussion nach der UN-Klimakonferenz in Paris (COP 21) im Dezember 2015 zu vertiefen, erläuterte die Ministerin und betonte zudem die Notwendigkeit einer „strikten, effizienten und kohärenten Politik, um unsere Ziele zu erreichen“.

Zur Erinnerung: Das Emissionshandelssystem wurde 2005 ins Leben gerufen und ist das wichtigste Instrument der EU-Politik, um dem Klimawandel entgegenzuwirken. Es hat zum Ziel, die Treibhausgasemissionen effizient und zu geringen Kosten zu senken. Indem eine Obergrenze für Emissionen festgesetzt wird, sollen die weltweiten Emissionen der besonders umweltschädlichen Industriesektoren begrenzt werden. Innerhalb dieser Obergrenze, die jedes Jahr gesenkt wird, können Unternehmen Emissionsberechtigungen kaufen und verkaufen. Jede Berechtigung erlaubt den Ausstoß von einer Tonne CO2, dem wichtigsten Treibhausgas, oder einer entsprechenden Menge eines anderen Treibhausgases.

In ihrem Vorschlag regt die Kommission an,

  • die Obergrenze für weltweite Emissionen im Rahmen des Systems ab 2021 jährlich um 2,2 % zu senken (statt der derzeit 1,74 % pro Jahr),

  • einen „Modernisierungsfonds“ zu schaffen, der die Investitionen in die Modernisierung der Energiesysteme und die Verbesserung der Energieeffizienz in den Mitgliedstaaten mit einem Pro-Kopf-BIP von unter 60 % des Unionsdurchschnitts unterstützt,

  • 57 % der Berechtigungen zur Versteigerung freizugeben und ab 2021 mit 400 Millionen Berechtigungen die Innovation im Bereich CO2-armer Technologien, Projekte zur Abscheidung und geologischen Speicherung von CO2 (CCS) sowie innovative Technologien im Bereich der erneuerbaren Energien zu fördern.

Ökologisierung des Europäischen Semesters

Die Minister tauschten sich außerdem hinsichtlich ihrer Ansichten zur Umweltdimension im Rahmen des Europäischen Semesters aus. Sie erörterten die schrittweise Abschaffung umweltbelastender Subventionen sowie die Umsetzung einer umweltfreundlichen Politik und Gesetzgebung.

„Was wir in diesem Bereich brauchen, sind Kooperation und Kohärenz“, betonte Carole Dieschbourg, die die Tatsache begrüßte, dass die EU-Agrarminister über den Beitrag der Landwirtschaft zur Eindämmung des Klimawandels auf ihrer Ratssitzung am 22. Oktober 2015 diskutiert haben.

Die Ministerin bedauerte, dass zwei Drittel der weltweit getätigten Investitionen im Energiesektor immer noch für fossile Brennstoffe verwendet würden und dass 50 % der Subventionen im Agrarsektor, die in die Länder der OECD fließen, umweltbelastend seien. „Die europäische Haushaltspolitik muss ein Instrument sein, das dieser Tendenz entgegenwirkt“, betonte sie.

Der EU-Kommissar für Umwelt, maritime Angelegenheiten und Fischerei, Karmenu Vella, merkte an, dass der Weg noch lang sei, bis umweltbelastende Subventionen abgeschafft werden könnten. Ihm zufolge ergebe es keinen Sinn, öffentliche Gelder so zu verwenden, dass sie den Zielen der Umweltpolitik entgegenwirken. Schädliche Subventionen seien nicht nur belastend für die Umwelt, sondern auch für die öffentlichen Finanzen, da sie Wettbewerbsfähigkeit und Innovation behindern und Investitionen in alternative Technologien hemmen. Als Beispiel führte der EU-Kommissar die „bevorzugte Behandlung“ der fossilen Brennstoffe an, die den europäischen Steuerzahler jährlich 25 Milliarden Euro kosten.

Zur Erinnerung: Auf der Sitzung im Oktober 2014 hatte der Umweltrat die schrittweise Abschaffung der umweltbelastenden Subventionen als eines der Instrumente aufgeführt, das den Übergang zu einer nachhaltigeren Wirtschaft mit geringerem CO2-Ausstoß und einer effizienteren Verwendung von Ressourcen erleichtern soll.

COP 21

Die Minister beschäftigten sich außerdem mit dem Verhandlungstext, der auf der Konferenz über den Klimawandel vom 19. bis 23. Oktober 2015 in Bonn (Deutschland) im Hinblick auf die Klimakonferenz in Paris verabschiedet werden konnte. Carole Dieschbourg erklärte, dass die Forderungen der EU als Optionen Einzug in den Text gefunden hätten, dass aber die Mehrheit der Fragen noch offenstünden. „Es ist an der Zeit, dass die Regierungen Führungsstärke beweisen und dass wir den Druck der EU erhöhen, um in Paris ein ehrgeiziges und glaubwürdiges Ergebnis zu erzielen“, führte sie aus und betonte, dass die Hauptforderungen der EU nach wie vor „langfristige Ziele, mehr Transparenz und Verantwortlichkeit sowie regelmäßige Überprüfungen“ seien.

Programm für eine nachhaltige Entwicklung bis 2030

Der Rat führte ferner einen Gedankenaustausch über die Art und Weise der Durchführung des UN-Programms für eine nachhaltige Entwicklung bis 2030 mit dem Titel „Unsere Welt verändern“. Die Minister haben über die Hauptprioritäten der EU aus ökologischer Sicht für die Durchführung des Programms, über die Rolle der Kohärenz der Politik und über die Art und Weise, wie effizient über die getroffenen Maßnahmen und die erzielten Fortschritte Rechenschaft abgelegt werden kann, gesprochen.

Diese Debatte knüpfte an eine informelle Diskussion über die gemeinsamen Herausforderungen und die integrierten Ansätze in Bezug auf die Durchführung an, die im Zuge eines Arbeitsessens mit den Ministern für Entwicklungszusammenarbeit stattgefunden hat.

Die Minister stimmen darin überein, dass es notwendig sei „ zusammenzuarbeiten, um aus der Silo-Politik auszusteigen und kohärenter sowie inklusiver zu sein und niemanden außen vor zu lassen“, so Carole Dieschbourg. „Die Maßnahmen zur Abschaffung von Armut, für einen nachhaltigeren Konsum und für eine nachhaltigere Wirtschaft miteinander in Einklang zu bringen, ist wesentlich für das Erreichen der weltweiten Ziele für eine nachhaltige Entwicklung (SDGs)“, fuhr sie fort.

Für EU-Kommissar Vella ist es essentiell, dass auf europäischer und nationaler Ebene „die Silos in der Politik durchbrochen werden“. „Wir benötigen einen weltweit gültigen und integralen Ansatz, um die SDGs zu erreichen“, erklärte er.

Das Programm für eine nachhaltige Entwicklung bis 2030 wurde auf dem UN-Gipfel zur nachhaltigen Entwicklung verabschiedet, der vom 25. bis 27. September  2015 in New York stattfand. Es umfasst 17 SDGs, die die Millenniumsentwicklungsziele (MDGs) ersetzen.

Die Volkswagen-Affäre

Im Zusammenhang mit der Volkswagen-Affäre wurden dem Rat Informationen bezüglich der Fragen in Verbindung mit den Tests zur Messung von Fahrzeugemissionen unter realen Fahrbedingungen (Real Driving Emissions oder RDE) und der Manipulation der Überprüfungssysteme von Fahrzeugemissionen vorgelegt, die ein ernsthaftes Hindernis bei der Verbesserung der Luftqualität in der EU darstellen.

Die Minister wiesen auf die Notwendigkeit eines besseren Kontrollsystems sowie schneller Entscheidungen bezüglich neuer Teststandards hin, so Carole Dieschbourg, die die Bedeutung dieses Aspekts für die Qualität, Gesundheit und Entwicklung unserer Städte hervorhob.

Elżbieta Bieńkowska, EU-Kommissarin für Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMUs, wies ihrerseits darauf hin, dass am 28. Oktober 2015 eine Abstimmung zu den technischen Aspekten des RDE-Tests stattfinden wird. Ihr zufolge ist die Diskussion bereits im Gange und ein Kompromiss stehe „kurz bevor“. Sie zeigte sich sehr erfreut über die Unterstützung eines Großteils des Umweltminister, die eine teilweise Kompetenz hinsichtlich der technischen Aspekte der Durchführung der RDE-Tests innehaben. Die EU-Kommissarin betonte außerdem, dass es notwendig sei, das System der Typengenehmigung bei Fahrzeugen zu ändern und „die Fakten zu kennen“.

  • Letzte Änderung dieser Seite am 26-10-2015