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Jean Asselborn betonte bei einem Besuch in Athen in Begleitung von EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos zehn Tage vor Eröffnung des ersten griechischen Hotspots, wie wichtig es sei, die Außengrenzen der EU zu kontrollieren

asselborn-avramopoulos-pavlopoulosAm 10. Oktober 2015 begab sich Jean Asselborn, der luxemburgische Minister für Immigration und Asyl, in Begleitung von Dimitris Avramopoulos, dem EU-Kommissar für Migration und Inneres, nach Athen, um sich einen Überblick über die Bewältigung der Migrationskrise auf den griechischen Inseln zu verschaffen. Empfangen wurden sie vom Präsidenten der Hellenischen Republik, Prokopis Pavlopoulos, vom Innenminister Panos Kouroumplis, vom Verteidigungsminister Panos Kammenos, vom Staatssekretär für europäische Angelegenheiten, Nikos Xydakis, vom beigeordneten Minister für Migration, Yannis Mouzalas, vom Staatsminister für Regierungskoordination, Alekos Flambouraris, vom Minister für Handelsschifffahrt und Inselpolitik, Theodoros Dritsas, und vom beigeordneten Minister für die öffentliche Ordnung, Nikos Thoskas.

Dieser Besuch ist Teil einer zweitägigen Reise des Ministers und des EU-Kommissars nach Italien und Griechenland, den beiden am stärksten von der Migrationskrise betroffenen Ländern. Am Vortag waren sie bereits bei der Abreise von 19 eritreischen Flüchtlingen, die im Rahmen des Notumsiedlungssystems für 160 000 Personen vom Flughafen in Rom nach Schweden gebracht wurden, zugegen gewesen. Anschließend hatten sie auf der Insel Lampedusa eines der vier italienischen Zentren für die Erstaufnahme und Registrierung der Migranten, auch „Hotspots“ genannt, besichtigt.

Während einer Pressekonferenz betonte Jean Asselborn, wie wichtig es sei, die Außengrenzen der EU zu kontrollieren und Personen, die in die Europäische Union einreisen, zu registrieren. „Ohne ein vernünftiges und effizientes Management der EU-Außengrenzen wird der Schengen-Raum zusammenbrechen“, warnte er. „Wenn die Grenzkontrollen nicht funktionieren und Personen unregistriert einreisen, werden praktisch alle Mitgliedstaaten die Kontrollen an ihren Binnengrenzen wieder einführen“, bekräftigte er in Anspielung auf die temporäre Wiedereinführung der Grenzkontrollen von Deutschland, Österreich und Slowenien im September. Jean Asselborn erinnerte daran, dass der Rat „Justiz und Inneres“ bei seiner letzten Sitzung am 8. Oktober „beschlossen hat, dass es eine kollektive und europäische Verantwortung für das Management der Außengrenzen gibt“. „Das bedeutet nicht, dass die Souveränität eines Mitgliedstaats untergraben wird, sondern dass denjenigen, die in Bezug auf das Management der Außengrenzen um Hilfe bitten, diese gewährt wird“, erklärte der Minister und erläuterte, dass diese Unterstützung „nicht militärischer, sondern ziviler Natur“ sei.

Der Minister rief in Erinnerung, dass man „das Schicksal ein wenig zwingen“ habe müssen, um die Verabschiedung des Umsiedlungssystems für 120 000 Personen aus Italien und Griechenland, die internationalen Schutz benötigen, zu veranlassen, und dass „sich alle 28 Mitgliedstaaten daran zu halten haben“. Zur Erinnerung: Der außerordentliche Rat „Justiz und Inneres“ vom 22. September 2015 hatte dieses System gegen den Willen einiger weniger Mitgliedstaaten mit qualifizierter Mehrheit verabschiedet. Ein erster Mechanismus zur Umsiedlung von 40 000 Personen war während der Sitzung des außerordentlichen Rats „Justiz und Inneres“ am 14. September 2015 hingegen einstimmig genehmigt worden. Insgesamt werden damit 160 000 Flüchtlinge von der Umsiedlung profitieren können.

Der erste Hotspot Griechenlands auf der Insel Lesbos wird voraussichtlich in spätestens zehn Tagen einsatzbereit sein

Der Minister wies außerdem darauf hin, dass man „im Interesse Griechenlands und der EU“ für das gute Funktionieren der Hotspots sorgen müsse, da sonst das Umsiedlungssystem nicht funktionieren werde. Jean Asselborn erinnerte daran, dass die Asylbewerber dort „mit Würde empfangen“ würden, man jedoch wissen müsse „wer an unsere Tür klopft“. Er brachte seine Freude darüber zum Ausdruck, dass der erste griechische Hotspot in Mytilini auf der Insel Lesbos voraussichtlich „innerhalb von sieben bis zehn Tagen“ einsatzbereit sein werde, und begrüßte die „beispielhafte Zusammenarbeit“ mit dem griechischen Minister Yannis Mouzalas. Außer Mytilini sind noch vier weitere Hotspots auf den griechischen Inseln vorgesehen. Jean Asselborn kündigte zudem einen weiteren Besuch in Mytilini Ende nächster Woche in Begleitung von EU-Kommissar Avramopoulos an, um „das Funktionieren der Hotspots in vollem Umfang zu unterstützen“.

Der Minister bekräftigte die Bereitschaft der EU zur Unterstützung Griechenlands, das um finanzielle und logistische Hilfe für das Funktionieren der Aufnahmezentren für Migranten gebeten habe, und fügte hinzu, dass „kein Land diese Last ganz alleine tragen kann“. „Es wird lange dauern und schwer sein, Lösungen zu finden“, gab er zu, doch „wir befinden uns auf einem guten Weg“. Jean Asselborn zeigte sich überzeugt, dass Griechenland und die EU es schaffen werden, einen Fahrplan vorzuschlagen, der „hilfsorientiert ist und die Souveränität Griechenlands nicht unter eine wie auch immer geartete Aufsicht von Brüssel stellt“.

Auf die Frage einer Journalistin über eine mögliche bilaterale Zusammenarbeit zwischen Griechenland und der Türkei, aus welcher der größte Teil der in Griechenland eintreffenden Flüchtlingen kommt, erklärte Jean Asselborn, dass er und andere sich eine derartige Zusammenarbeit „wünschen“ und eine solche „nahelegen“, aber dass deren Konkretisierung durch die beiden Länder erfolgen müsse und es keinen europäischen Plan für eine solche Zusammenarbeit gebe. „Meines Erachtens sollten zwei Länder, die sich auf zwei Seiten einer Außengrenze befinden, zusammenarbeiten“, bekräftigte er. Die Europäische Kommission ihrerseits hat der Türkei am 5. Oktober 2015 einen Aktionsplan zur Flüchtlingshilfe und zum Migrationsmanagement vorgelegt.

Der EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos unterstrich – wie auch schon Jean Asselborn – auf griechisch, dass das Umsiedlungssystem erst funktionieren werde, wenn die Hotspots einsatzbereit seien.

Die Entscheidung über das Bestimmungsland für die Umsiedlung eines Asylbewerbers wird vom Hotspot getroffen

Er betonte explizit, dass weder die Mitgliedstaaten noch die Flüchtlinge ihr Aufnahmeland wählen könnten, da diese Entscheidung einzig und allein vom Hotspot in seiner Funktion als Prüf- und Verteilungsstelle, in der die Registrierung der Asylbewerber erfolge, getroffen werde. „Es wurden unter Beachtung der EU-Migrationspolitik eindeutige und gerechte Vorschriften zur Gewährung von internationalem Schutz erlassen“, erklärte er. Die Flüchtlinge sollten sich ihm zufolge der Tatsache bewusst sein, dass Europa „in seiner Gesamtheit aufnahmebereit“ ist und dass sich – infolge der Abstimmung mit qualifizierter Mehrheit – an den Umsiedlungsmaßnahmen „alle Länder beteiligen“.

Der EU-Kommissar hob außerdem hervor, dass es sich hierbei um eine „europäische“ Problematik handele und dass „Griechenland nicht seinem Schicksal überlassen wird“. Er vertrat die Auffassung, dass diese Krise hätte vermieden werden können, wenn die Hotspots schon früher eingerichtet worden wären, aber dass „jetzt rasch Fortschritte erzielt werden“. Der EU-Kommissar betonte, dass die Zentren für die Aufnahme und Registrierung „weder reine Aufenthalts- noch Auffangzentren“ seien, sondern es sich hierbei um einen „kombinierten Dienst“ handele und die verschiedenen Agenturen vor Ort (Frontex, EASO, Europol und Eurojust) in Zusammenarbeit mit den nationalen Behörden darauf achten würden, dass „die Grundrechte der Asylbewerber in vollem Umfang gewahrt“ werden. Dimitris Avramopoulos bekräftigte ferner, dass diese Krise „die Institutionen, den europäischen Zusammenhalt und die Solidarität auf die Probe stellt“. Er rief noch einmal in Erinnerung, dass 80 % die in Griechenland eintreffenden Migranten Flüchtlinge seien, die ein Recht auf internationalen Schutz hätten.

Yannis Mouzalas bekräftigte, dass Griechenland seine Verpflichtungen einhalten werde und teilte mit, dass alle fünf Hotspots im Land „in einem Monat“ einsatzbereit sein würden. Er erklärte, die Europäische Kommission darum gebeten zu haben, schneller Lösungen, vor allem finanzieller Art, zu finden und die bürokratischen Verfahren zu beschleunigen. Der Minister rief dazu auf, sich mit dem Problem der afghanischen Flüchtlinge zu beschäftigen, deren Asylbewerber-Anerkennungsrate in der Europäischen Union ihm zufolge 70 % betrage, was unterhalb der für die Aufnahme in den Umsiedlungsmechanismus erforderlichen Rate von 75 % liege. Er fügte hinzu, dass die griechische Regierung die Forderungen der Europäischen Kommission „unterstützen wird“, verwies jedoch auch auf die Bedeutung des Mechanismus für die Neuansiedlung von Flüchtlingen aus Drittstaaten, auf den sich der Rat „Justiz und Inneres“ im Juli 2015 geeinigt habe, um zu vermeiden, dass „diese Menschen ertrinken“.

  • Letzte Änderung dieser Seite am 10-10-2015