Justiz und Inneres
Ratssitzung

Außerordentliche Sitzung des Rates „Justiz und Inneres“ – „Eine große Mehrheit der Mitgliedstaaten“ erzielt eine „grundsätzliche Einigung“ über die dringende Umsiedlung von 120.000 Personen

Die europäischen Minister für Inneres und Immigration haben sich am 14. September 2015 zu einer außerordentlichen Sitzung des Rates „Justiz und Inneres“ in Brüssel eingefunden, um eine gemeinsame Antwort der Europäischen Union (EU) angesichts des derzeitigen beispiellosen Ausmaßes des Migrationsphänomens und der Flüchtlingskrise zu finden.

Das Treffen unter dem Vorsitz von Jean Asselborn, Minister für Immigration und Asyl, wurde von der luxemburgischen EU-Ratspräsidentschaft einberufen, um eine Bestandsaufnahme der Situation vor Ort zu machen und die nächsten Schritte für eine Stärkung der gemeinsamen europäischen Position zu besprechen. Die Minister erzielten eine „grundsätzliche Einigung“ über den Vorschlag zur dringenden Umsiedlung von 120.000 Personen, die internationalen Schutz benötigen. Die tatsächliche Aufteilung auf die Mitgliedstaaten wurde jedoch nicht genauer besprochen.  Der Rat „Justiz und Inneres“ verabschiedete ebenfalls einen formellen Beschluss in Bezug auf die Umsiedlung von 40.000 Asylbewerbern aus Griechenland und Italien.

Der Rat verabschiedet formell einen „temporären und einmaligen“ Umsiedlungsmechanismus von 40.000 Asylbewerbern

jai-asselbornIm Rahmen der Pressekonferenz, die anlässlich des Treffens einberufen wurde, erklärte Jean Asselborn erneut, dass Europa eine der größten Herausforderung seit dem Zweiten Weltkrieg zu bewältigen habe,  „insbesondere da es sich um Männer, Frauen und Kinder handelt“ . Das Ziel des Rates sei es somit „Lösungen zu finden“.

Der Minister unterstrich diesbezüglich, dass dies „Schlussfolgerungen der Ratspräsidentschaft seien „und nicht des Rates, auch wenn sie „bei einer Mehrheit der Mitgliedstaaten auf Zustimmung stoßen“. „Die Ratspräsidentschaft  hat versucht, operative Schlussfolgerungen zu finden. Das heißt einerseits Entscheidungen in Bezug auf den Empfang der Menschen und andererseits Entscheidungen zur Eindämmung der zukünftigen Migrantenströme zu treffen“, betonte Jean Asselborn.

In diesem Kontext bestätigte der Rat „Justiz und Inneres“ seine allgemeine Ausrichtung , die er während des vorhergehenden außerordentlichen Treffens vom 20. Juli 2015 ausgearbeitet hatte, durch die Verabschiedung  eines formellen Beschlusses über den Umverteilungsmechanismus, wie ihn die Europäische Kommission in der Migrationsagenda  im Mai 2015 unterbreitet hatte. Dieser Beschluss sieht vor, dass 40.000 Asylbewerber aus Griechenland und Italien umgesiedelt werden und dass in den Mitgliedstaaten  Empfangs- und Erstaufnahmeeinrichtungen (sog. „Hotspots“) eingerichtet werden, vor allem damit Migranten mit Anspruch auf den Flüchtlingsstatus und sogenannte „Wirtschaftsflüchtlinge“ getrennt untergebracht werden können.

Der Ministerbeschluss schafft somit einen Mechanismus, der „temporär und einmalig“ ist (mit einer Dauer von zwei Jahren) und sich an „Personen mit offensichtlichem Bedarf des internationalen Schutzes“ richtet. Die Menschen würden aus Italien und Griechenland auf andere Mitgliedsstaaten aufgeteilt. Dies erfolge auf auf freiwilliger Basis, laut Wunsch des Rates der Europäischen Union im Juni 2015. Wie am 20. Juli übereingekommen, sieht die Einigung die Aufteilung von 32.256 Menschen vor und die Mitgliedstaaten sind aufgefordert, ihren Beitrag im Dezember 2015 aktualisiert vorzulegen, um eine Gesamtsumme von 40.000 Personen, gemäß der Verpflichtung des Rats der Europäischen Union zu erreichen.  „Die ersten Umsiedlungen könnten dennoch auf Grundlage der bestehenden Zahlen erfolgen“, sagte Minister Asselborn und unterstrich, dass die Ratspräsidentschaft die neuen Verpflichtungen „so schnell wie möglich“ erwarte.

Dieser Beschluss erlaube es, die ersten Umsiedlungen zu beginnen und die „Hotspots“ formell zu eröffnen. Diese verfügten von nun an über  eine rechtliche Arbeitsgrundlage“, erklärte Jean Asselborn. Er fügte hinzu, dass sie „Bedingung und Voraussetzung für den Umverteilungsmechanismus“ seien. Es handele sich um „ eine sehr wichtige politische Botschaft“, begrüßte der Minister und betonte gleichsam, dass der Rat ein zusätzliches Vorgehen in Sachen Notumsiedlung untersuche. Es seiäußerst wichtig zu sehen, dass der erste Umverteilungsmechanismus eingerichtet werde und beginne, seine Wirkung zu zeigen“.

„Eine große Mehrheit der Mitgliedstaaten“ erzielt eine „grundsätzliche Einigung“ über die dringende Umsiedlung von 120.000 Personen

Vor allem prioritäre Aktionen für die Zukunft standen auf der Tagesordnung der Minister, die über neue Maßnahmen  debattierten, die vom Präsidenten der Kommission, Jean-Claude Juncker, während seiner Rede zur Lage der Union im Europäischen Parlament am 9. September 2015 vorgestellt wurden.

Dieser hatte einen neuen Vorschlag zur dringenden Umsiedlung von 120.000 Flüchtlingen aus Griechenland, Ungarn und Italien vorgestellt, ein Projekt und permanenter Mechanismus zur Umsiedlung für alle Mitgliedstaaten (welchen die Kommission jederzeit in Gang setzen könne, um jedem Land der EU zu helfen, das einer Krisensituation gegenübersteht). Außerdem wurde ein Vorschlag zur Einrichtung einer gemeinsamen Liste der EU unterbreitet, in der sichere Herkunftsländer aufgeführt werden sollen, um die Prüfung von Anfragen des internationalen Schutzes zu beschleunigen.

Dazu hat „eine große Mehrheit der Mitgliedstaaten“  „ihre grundsätzliche Zustimmung“ zu dem Vorschlag zur dringenden Umsiedlung von 120.000 Personen , die internationalen Schutz benötigen, gegeben, unterstrich Jean Asselborn. Die tatsächliche Aufteilung auf die Mitgliedstaaten wurde jedoch nicht genauer besprochen. Die Europäische Kommission schlägt bekanntlich ein System mit verbindlichen Quoten vor, welches die Opposition mehrerer Mitgliedstaaten hervorgerufen hat, insbesondere der „Višegrad-Gruppe“ (Ungarn, Polen, Tschechische Republik, Slowakei), gefolgt von Rumänien.

Der Text läge dem Rat erst seit letzter Woche vor, sagte Jean Asselborn und betonte, dass „auch wenn wir uns in einer dringenden Situation befinden, dennoch die Verfahren befolgt werden müssen“. Der Text müsse in der Tat im Detail in den Instanzen des Rats analysiert werden und Gegenstand einer Stellungnahme des Europäischen Parlaments sein. „Es wäre somit voreilig, wenn der Rat heute einen Beschluss fasse“, sagte er. Seiner Meinung nach sei der Vorschlag der Kommission eine Basis, um eine Einigung auszuarbeiten und die luxemburgische Ratspräsidentschaft „gibt dieser Arbeit die höchste Priorität“, so dass eine Verabschiedung während der Sitzung des Rats „Justiz und Inneres“ am 8. und 9. Oktober 2015 möglich sei.

Der Minister betonte dennoch, dass nach dem Vertrag von Lissabon der Rat Beschlüsse nach qualifizierter Mehrheit verabschieden könne. „Die Schlussfolgerungen der Ratspräsidentschaft stützen sich auf eine sehr große Mehrheit und der Rat kann mit dieser Mehrheit jederzeit einen Beschluss fassen“, sagte er. Einigen Entscheidungsträgern müsse man jedoch „ein wenig Zeit lassen“. „Selbst ein kleines Land wie Luxemburg kann mehrere Hundert Menschen empfangen, die nicht die gleiche Religion oder die gleiche Hautfarbe haben und das sollte ebenfalls der Fall in den großen Ländern sein“, fügte er hinzu und sagte „diese Angst muss besiegt werden. Das ist nicht überall so, aber die Ratspräsidentschaft wird dabei helfen, dass wir in die richtige Richtung gehen“.

Der Rat „Justiz und Inneres“ habe außerdem alle anderen neuen Vorschläge der Kommission analysiert und sei bereit, mit der Umsetzung und ihrer Prüfung rasch zu beginnen und das Europäische Parlament ebenfalls dazu aufzurufen. Bezüglich des Vorschlags der europäischen Liste der sicheren Herkunftsländer verpflichteten sich die Minister„schnell eine Grundsatzeinigung zu erzielen“ um so schnell wie möglich die Verhandlungen mit dem Parlament aufnehmen zu können.

Rückführungspolitik und wirksame Kontrolle an den Außengrenzen

Während des Treffens wurde ebenfalls unterstrichen, wie wichtig die Rückführungs- und Rückübernahmepolitik sei. Der Schwerpunkt liege auf der wirksamen Kontrolle der Außengrenzen und eine Betonung auf der Verstärkung der Kooperation mit betroffenen Drittländern, so Jean Asselborn.

In diesem Kontext hob der der Minister hervor, dass die Herausforderungen, vor denen Griechenland, das durch seine geographische Lage erste Anlaufstelle sei, stehe, „gleichsam europäische Herausforderungen seien“. Der Rat hat somit beschlossen, Griechenland in seinen Bemühungen zu unterstützen, sein Asylsystem, seine Empfangskapazitäten und seinen Grenzschutz an den Außengrenzen zu stärken. Ebenfalls traf der Rat die Entscheidung, die westlichen Balkanländer zu unterstützen, die sich heute auf der Haupt-Transitroute befinden. Letztlich ging es um die Türkei, die auch ein wichtiges Erstempfangs- und Transitland ist, und der Minister bekräftigte, dass es wichtig sei, dass die EU die Türkei als  „als äußerst wichtigen Partner in dieser Herausforderung ansieht“.

Der Minister für Immigration gab an, dass der Rat die Entscheidung getroffen hätte, die Hilfe für die EU beim Hohen Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) zu erhöhen, „um zu ermöglichen, dass die Flüchtlingscamps effizient und unter akzeptablen humanitären Bedingungen geleitet werden können“, während die Situation in den Flüchtlingscamps „dramatisch ist und dem UNHCR ebenfalls die nötigen Mittel für seine Arbeit fehlen“. „In diesem Kontext begrüße ich die Initiative Norwegens, eine internationale Spenderkonferenz für die syrischen Flüchtlinge zu organisieren“, sagte er und betonte, dass die Mitgliedstaaten und die Kommission übereingekommen seien, die Möglichkeiten zur Neuansiedlung weiterzuentwickeln.

  • Letzte Änderung dieser Seite am 14-09-2015