Justiz und Inneres
Minister im Europäischen Parlament

Jean Asselborn präsentiert die Ergebnisse der letzten Außerordentlichen Tagung des Rates (Justiz und Inneres) zum Thema Migration vor dem Europäischen Parlament

pe-migrations-asselborn-150916Der Minister für Immigration und Asyl, Jean Asselborn, trat am 16. September 2015 im Namen des luxemburgischen Ratsvorsitzes der EU in einer Plenarsitzung in Brüssel vor die Mitglieder des Europäischen Parlaments, um die Ergebnisse der Außerordentlichen Tagung des Rates (Justiz und Inneres) vom 14. September 2015, die der Flüchtlingskrise gewidmet war, zu präsentieren.

In der Sitzung, die Gegenstand der Schlussfolgerungen des Ratsvorsitzes und nicht des Rates war,  traf die große Mehrheit der Mitgliedstaaten eine Vereinbarung auf Grundlage des Vorschlages zur Notumsiedlung von 120 000 Personen zum Zwecke des internationalen Schutzes. Es konnte jedoch kein Konsens erzielt werden. Dieser Vorschlag der Europäischen Kommission, der eine zwingende Quotenregelung zur Aufteilung der in Griechenland, Italien und Ungarn in die EU eingereisten Asylbewerber auf andere Mitgliedstaaten vorsieht, sorgte bei zahlreichen Ländern, insbesondere bei der Visegrad-Gruppe (Ungarn, Polen, der Tschechischen Republik und der Slowakei), für Widerstand.

Das Europäische Parlament gibt am 17. September seine Stellungnahme zum Mechanismus zur Umverteilung von 120 000 Personen ab

Der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz (S&D), schlug zu Beginn der Debatte vor, den Vorschlag für den neuen Mechanismus zur Umverteilung von 120 000 Personen dem Dringlichkeitsverfahren zu unterwerfen. Die Kommission sowie der luxemburgische Ratsvorsitz riefen das Parlament in den Schlussfolgerungen zur letzten Außerordentlichen Tagung des Rates (Justiz und Inneres) dazu auf, „baldmöglichst“ eine Stellungnahme zu dem Vorschlag abzugeben, da das für diesen Mechanismus gewählte Verfahren vorsieht, dass der Rat die Anhörung der Europaabgeordneten vor einer Entscheidung abwartet.

Dieser Vorschlag zur Annahme im Dringlichkeitsverfahren wurde von den Europaabgeordneten, die am 17. September diesbezüglich abstimmen werden, mit Unterstützung des Vorsitzenden des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten (LIBE) des Parlaments, Claude Moraes (S&D), befürwortet.

Für Jean Asselborn eine „entscheidende“ Etappe auf dem Weg zur Annahme der Entschließung zur Umverteilung von 40 000 Personen

Jean Asselborn erinnerte vor den Europaabgeordneten daran, dass der luxemburgische Ratsvorsitz am 14. September „angesichts der Verschärfung der Flüchtlingskrise in Europa während der Sommermonate“ eine Außerordentliche Tagung des Rates (Justiz und Inneres) einberufen hatte. „Das Ausmaß der Herausforderung, mit der wir uns konfrontiert sehen, erfordert eine gemeinsame europäische Antwort“, so Jean Asselborn, wobei er betonte, dass „sowohl die humanitäre Situation auf kurze Sicht als auch die Erfordernisse einer kohärenten und globalen Migrationspolitik in der EU“ einer Antwort bedürfen.

Der luxemburgische Minister wies weiterhin darauf hin, dass in diesem Rat mit der abschließenden Entscheidung zur Umsetzung der im Rahmen der letzten Außerordentlichen Tagung des Rates (Justiz und Inneres) vom 20. Juli 2015 erlangten Einigung ein „entscheidender Schritt“ getan wurde. Diese Einigung betrifft die Umverteilung von 40 000 Asylbewerbern, die in Griechenland oder Italien eingereist sind, so wie dies in der Europäischen Migrationsagenda, die von der Kommission im Mai 2015 vorgelegt wurde, vorgeschlagen worden war.

Minister Asselborn betonte mit Bezug auf die vom Ratsvorsitz „nach eingehenden Gesprächen“ am 14. September verabschiedeten Schlussfolgerungen, dass der Ratsvorsitz „angesichts der Zustimmung eines Großteils der Mitgliedsstaaten“ zum Vorschlag zur Umsiedlung von 120 000 Personen eine weitere Außerordentliche Tagung des Rates (Justiz und Inneres) am 22. September einberufen hat. „Die Verhandlungen im Rat über die Umverteilung werden nicht einfach sein“, stellte der Minister einschränkend fest und gab bekannt, dass Ungarn sich weigere, als Land in vorderster Linie angesehen zu werden und Teil des Solidaritätsmechanismus zu sein.

Jean Asselborn wiederholte in diesem Zusammenhang, dass das Vorschlagspaket der Kommission vom 9. September „die Grundlage“ der unmittelbar umzusetzenden Aufgaben darstelle und dass der Rat bereits „morgen“ mit den Arbeiten am permanenten Umverteilungsmechanismus und an der europäischen Liste sicherer Herkunftsstaaten beginnen werde, bei denen das Parlament als Mitgesetzgeber fungieren wird. „Wir sind bereit, alles zu unternehmen, um die Prüfung dieser Vorschläge so bald wie möglich einzuleiten. Ich bin sicher, dass das Europäische Parlament diese Entschlossenheit teilt.“

Der Minister fasste im Anschluss die wesentlichen Elemente der Schlussfolgerungen zusammen. Er nannte dabei zunächst die Entscheidung, die Unterstützung für den Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen zu verstärken. Die Minister erinnerten ebenso an die Bedeutung einer effektiven Grenzkontrolle und vereinbarten den Einsatz von Soforteinsatzteams vor Ort (sogenannte „RABITs“). „Wir müssen auf diesbezügliche Anfragen mit der Entsendung von personellen und materiellen Ressourcen vor Ort positiv reagieren“, bestätigte der Minister, was insbesondere auf Griechenland zutrifft.

Die Minister erinnerten auch daran, dass die Rückführungs- und Rückübernahmepolitik von wesentlicher Bedeutung sei, obgleich sie auf internationaler Ebene von einer „dringend notwendigen Verstärkung der Zusammenarbeit mit den Herkunfts- und Transitdrittländern“ sprachen. Der Gipfel in Valletta, die Konferenz zu migrationsbedingten Herausforderungen auf der Balkanroute und das Pilotprojekt in Niger „sind konkrete Maßnahmen, die zur Erzielung der gewünschten Ergebnisse rasch vorangetrieben werden müssen“, so Jean Asselborn. All diese Maßnahmen müssen „selbstverständlich“ von einem „entsprechenden Budget und beträchtlichen personellen Ressourcen“ gestützt werden.

Jean Asselborn zeigt sich mit den Ergebnissen der letzten Tagung des Rates (Justiz und Inneres) „nicht einverstanden“ und verlangt von der nächsten, vom Ratsvorsitz einberufenen Tagung „Entscheidungen“

In seiner Antwort auf die Interventionen der Abgeordneten, von denen eine große Mehrheit bedauerte, dass im Rat keine Entscheidung getroffen wurde, und zu einer europäischen Dringlichkeitsmaßnahme aufrief, stellte der Minister Asselborn klar, dass er mit den letzten Ergebnissen „nicht einverstanden“ sei. „Daher habe ich im Namen des Ratsvorsitzes entschieden, einen neuen Anlauf zu unternehmen, der Entscheidungen bringen muss“, so der Minister. Dass aber bei der letzten Tagung keine formelle Entscheidung getroffen wurde, sei der „Achtung vor den Verträgen und vor dem Europäischen Parlament“ geschuldet, dessen Stellungnahme für die Abstimmung im Rat erforderlich ist. „Ich hoffe, dass wir am 22. nicht abstimmen müssen und dass der Ratsvorsitz alles unternimmt, um eine einvernehmliche Vereinbarung zu erzielen“, meinte der Minister gleichwohl.

Er betonte, dass „jene, die an unsere Tür klopfen und verfolgt werden, das Recht auf Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention haben“, und dass nach seiner Auffassung die EU „ihre gesamte Glaubwürdigkeit verlieren würde, wenn sie die Augen davor verschließt.“ Ihm zufolge hat die Kommission mit diesem „äußerst greifbaren“ Vorschlag „perfekte Arbeit“ geleistet. „Ich würde gern 2015 denselben Elan sehen, der auch während der Jugoslawienkrise zwischen Osten und Westen und vom Süden bis in den Norden an den Tag gelegt wurde“, fügte er hinzu.

Jean Asselborn meinte ebenfalls, dass wir „nicht das Recht haben“, die Visegrad-Gruppe auf der Strecke zu lassen, mit der Gefahr, „diese historische Herausforderung für Europa“ nicht zu meistern. „Es muss alles unternommen werden, damit diese Länder ihre Ansichten ändern“ und damit ein Verständnis dafür entwickelt wird, dass „einige Hunderte, wenn nicht sogar Tausende Flüchtlinge, die dem Elend und der Brutalität in Syrien entfliehen, nicht in die Gesellschaft dieser Länder eindringen, um sie zu zersetzen“, fügte der Minister hinzu. „Es ist vielleicht schwer zu erklären, aber es braucht Geduld und eine gewisse Solidarität, um mit den Verantwortlichen und auch der Bevölkerung dieser Länder zu sprechen.“

Bis zur nächsten Außerordentlichen Tagung des Rates wird der Ratsvorsitz „zuhören“ und „mit allen Mitgliedstaaten zusammenarbeiten“, so Jean Asselborn, der sich nicht ganz mit jenen einverstanden zeigt, die glauben, dass die Lösung im Europäischen Rat liegt. „Man muss sich den letzten Gipfel im Juni ins Gedächtnis rufen und sich bewusst sein, dass man seit Lissabon den Ministerrat seine Arbeit machen lassen muss. Am Montag sind wir gescheitert, werden aber alles daran setzen, das Ruder herumzureißen, zumindest für die 120 000 Menschen“, fügte er noch hinzu.

Der EU-Kommissar für Migration, Dimitris Avramopoulos, meinte im Namen der Kommission, dass diese Debatte ein wichtiges Signal an den Rat und eine „starke politische Botschaft“ bei seiner nächsten außerordentlichen Sitzung nötig sei. Zum Vorschlag zur Umverteilung von 120 000 Personen wiederholte er, nicht die „gewünschte Übereinkunft“ erreicht zu haben, drückte aber seine Absicht aus, von einer „Mehrheit der Mitgliedstaaten, jedoch nicht von allen“ auszugehen, und bedankte sich beim luxemburgischen Ratsvorsitz für seine Bemühungen um einen Kompromiss.

„Wir dürfen uns hier ein Scheitern nicht erlauben“, sagte er und betonte, dass die Sitzung am 22. September diesbezüglich „von entscheidender Bedeutung“ sei. „Das Ziel der Kommission ist es, die Einheit in Europa zu bewahren“, fügte er hinzu. Die Kommission „werde daran arbeiten, dass alle einen Schritt“ in Richtung einer Lösung machen. Zum Abschluss erklärte er: „Mit Ihrer Unterstützung und der exzellenten Arbeit des luxemburgischen Ratsvorsitzes werden wir alle gemeinsam diesen zusätzlichen Schritt gehen.“

  • Letzte Änderung dieser Seite am 16-09-2015