Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz
Informelles Ministertreffen

Informelle Tagung des EPSCO-Rates – Der luxemburgische Ratsvorsitz präsentiert eine Initiative zur Jugendbeschäftigung in den Maghreb-Ländern

Réunion informelle des ministres de l'Emploi, des Affaires sociales et de l'Égalité des chances - Photo de familleDie Minister für Arbeit und Soziales der Europäischen Union (EU) haben sich am 16. Juli 2015 in Luxemburg zu einem informellen Treffen über Fragen in Sachen Beschäftigung, Soziales und Chancengleichheit getroffen. Nach einem ersten Teil, der den sozialen Angelegenheiten in der Governance der EU gewidmet war, behandelten die Minister bei einem Arbeitsmittagessen mit den Sozialpartnern und dann bei einer Sitzung mit ihren Amtskollegen aus Algerien, Marokko und Tunesien die Frage der Jugendbeschäftigung. In seiner Eigenschaft als Minister für Arbeit, Beschäftigung sowie Sozial- und Solidarwirtschaft übernahm Nicolas Schmit den Vorsitz dieser Begegnungen.

Es käme darauf an, die bestehenden Systeme zu verbessern und in der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit weiter zu gehen, plädierte Nicolas Schmit

Bei der Pressekonferenz im Anschluss an die Begegnung betonte Nicolas Schmit, dass das Arbeitsessen rund um die Thematik der Jugendbeschäftigung „sehr intensiv“ gewesen sei und dass es ermöglicht hätte, dank der Präsenz der Präsidentin des European Youth Forum „die Jugend einmal an die Diskussionen anzuschließen“. „Wir sind uns alle der Tatsache bewusst, dass die Beschäftigung, oder vielmehr die Arbeitslosigkeit der Jugendlichen in Europa, nach wie vor auf der politischen Tagesordnung steht“, wenn nahezu 5 Millionen Jugendliche in der EU noch davon betroffen sind, brachte der luxemburgische Minister mit Bedauern zum Ausdruck.

Wenngleich er hervorhob, dass diverse Initiativen, die im Laufe der letzten Jahre zur Bekämpfung dieser Realität eingerichtet worden seien, insbesondere die Empfehlung einer im April 2013 vom Rat verabschiedeten Jugendgarantie, „langsam Früchte tragen“ würden, so merkte er an, dass die Situation in manchen Ländern nach wie vor „sehr besorgniserregend“ sei. „In Griechenland ist hinter den Zahlen der Schulden leicht zu übersehen, dass über 50 % der Jugendlichen ohne Beschäftigung sind, und einige davon sind Langzeitarbeitslose“, fuhr der Minister fort, nach dessen Meinung „die EU und ihre Mitgliedstaaten auf diese Herausforderungen unbedingt antworten müssen“.

Nach Nicolas Schmit geht es zunächst einmal darum, die bestehenden Systeme, wie die Jugendgarantie, zu verbessern, aber auch „weiter zu gehen“. Der Minister strich hervor, dass die Debatte sich also mit dem Thema der Schaffung von Arbeitsplätzen sowie der Frage der Investitionen, insbesondere in die Fähigkeiten und Qualifikationen der Jugendlichen, befasst habe; diese Investitionen würden als „der Schlüssel zu qualitativ hochwertigen Arbeitsstellen“ betrachtet.

Die Initiative des luxemburgischen Ratsvorsitzes für die Jugendbeschäftigung über den Wege der Berufsausbildung in den Maghreb-Ländern

Die anschließende gemeinsame Sitzung mit den Ministern für Beschäftigung der Maghreb-Länder befasste sich ebenfalls mit dem Thema der Jugendbeschäftigung, schließlich befinden sich in Algerien, Marokko und Tunesien „Hunderttausende, wenn nicht Millionen Jugendliche“ „in schwierigen Situationen“ und finden keine Arbeitsplätze, auch nicht mit einer Ausbildung.

In diesem Kontext legte der luxemburgische Ratsvorsitz bei dieser Begegnung einen Entwurf für eine Initiative zur Jugendbeschäftigung über den Wege der Berufsausbildung in den Maghreb-Ländern vor. „Wir wollten unseren Wunsch betonen, die Partnerschaft mit unseren Nachbarn südlich des Mittelmeers zu stärken“, versicherte Nicolas Schmit, wobei er darlegte, dass „ihre Probleme, die oftmals ähnlich sind wie die Probleme der EU, auch unsere Probleme sind“. „Wir teilen ihre Sorge um Stabilität, Sicherheit, ihre entschiedene Absicht hin zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung“, betonte der Minister, der die in diesen drei Ländern angestrengten Bemühungen zur „Eröffnung von Perspektiven für die Jugend“ begrüßte.

Nach Ansicht des Ministers sei die Botschaft der EU an die europäische Jugend und die Jugend in den Ländern südlich des Mittelmeeres eine Botschaft der Hoffnung und der Gewissheit, dass „wir reell mit konkreten Initiativen und Projekten arbeiten wollen“. Die Jugendlichen „müssen das Gefühl haben, dass sie nicht von der EU vergessen werden“, indem wir eine gemeinsame Arbeit führen, damit „ihre Lage sich effektiv verbessert, und wir ihnen eine echte Aussicht auf Arbeit und Ausbildung geben“, so Nicolas Schmit.

Konkret beruht die Initiative für Jugendbeschäftigung auf einem ergänzenden Ansatz zu den Bemühungen, die in den drei Ländern bereits im Gange sind. Sie konzentriert sich auf Investitionen in Qualifikationen und Kompetenzen, damit Stellenangebote und Beschäftigungswünsche besser übereinstimmen..

Als Antwort auf die Frage eines Journalisten erklärte Nicolas Schmit, dass in Europa ein Problem der Qualifikation und Kompetenz zahlreicher Jugendlicher ebenso wie eine Sorge wegen fehlender Übereinstimmung zwischen den Ausbildungen und den auf dem Arbeitsmarkt angebotenen Stellen festzustellen sei. Im Maghreb sei die Problematik ähnlich, obwohl ein hoher Anteil der jungen Erwachsenen Hochschulabsolventen seien, denn „ihre Diplome entsprechen nicht den Erfordernissen der Wirtschaft und des Arbeitsmarkts“. Der Minister stellte in dieser Hinsicht ein Phänomen der Abwertung der technischen und praktischen Ausbildungen heraus, die als „Misserfolge“ betrachtet würden, und das in der EU ebenso wie im Maghreb, obwohl „die Türen mit diesen Ausbildungen oft dennoch viel weiter geöffnet sind“, so der Minister.

So ziele das Projekt vor allem darauf ab, die Systeme der Berufsausbildung zu verbessern, den Ausbildungsbedarf zu ermitteln, die erforderlichen Qualifikationen und die verschiedenen Berufsprofile besser zu definieren und die Kompetenzen zu verbessern. Es gehe auch und vor allem darum, neue Netzwerke der Zusammenarbeit und des Austauschs bewährter Praktiken zwischen den Institutionen und den in diesem Bereich aktiven europäischen Zentren und denen der Maghreb-Länder aufzubauen, und das alles, um „die Einstellbarkeit der Jugendlichen“ in diesen Ländern und in Europa effektiv zu verbessern, so der Minister.

Aus der Sicht von Nicolas Schmit sei der Ansatz somit ähnlich wie der vieler bestehender Initiativen, die darauf abzielen, Jugendliche auszubilden, Fähigkeiten, die sie erwerben müssen, zu definieren und ihnen die Möglichkeit dazu auch in Unternehmen zu bieten.  „Dieses bereits bestehende Modell wollen wir kodifizieren, weiter ausbauen, und wir wollen auch andere Akteure in anderen Ländern mobilisieren“, erklärte der Minister, wobei er auch betonte, dass das Vorhaben auf der Grundlage der von den Anspruchsgruppen ausgehenden Vorschläge nach einem „Bottom-Up“-Prinzip (von unten nach oben) verwirklicht werden solle. Die Arbeiten auf technischer Ebene würden im Hinblick auf einen effektiven Beginn der Umsetzung der Initiative bis zum Ende der luxemburgischen Ratspräsidentschaft bereits in Kürze eingeleitet.

Die europäische Kommissarin für Beschäftigung, Soziales, Qualifikationen und Arbeitskräftemobilität Marianne Thyssen pflichtete ihrerseits bei, dass die Jugendarbeitslosigkeit eine der „dringendsten“ Herausforderungen auf beiden Seiten des Mittelmeeres sei und dass die Initiative des Ratsvorsitzes sehr begrüßt würde. Die Kommissarin erklärte genauer, dass die EU bereits eng mit den Behörden der Maghreb-Staaten zusammenarbeite, um die qualifizierende Ausbildung zu fördern und dass umfangreiche finanzielle Mittel in diesem Kontext aufgebracht würden.

Die drei Ministrwer der Maghreb-Länder begrüssten die luxemburgische Initiative sowie die zu diesem Thema geführte Debatte. Der algerische Minister für Arbeit, Beschäftigung und soziale Sicherheit Mohamed El-Ghazi war der Meinung, dass „die Jugendlichen auf der ganzen Welt sich alle ähneln und von derselben Frage, die der Beschäftigung, betroffen sind“. Dennoch gebe es „keine homogene Lösung“, die ein jedes Land charakterisieren würde, fuhr er weiter fort, wobei er anmerkte, dass jedes Land „seine Erfahrung“ habe und dass der Informationsaustausch daher von größter Bedeutung sei.

Der marokkanische Minister für Beschäftigung und Soziales Abdeslam Seddiki befürwortete seinerseits eine „entscheidende“ Begegnung zu einem „höchst strategischen Thema“, da die Interdependenz der Probleme der EU und des Maghreb eine Realität sei. Der Minister gab zu, dass es auf diesem Gebiet keine „ Zauberformel“ gebe, und befürwortete eine luxemburgische Initiative, „die mit einem Geist der Solidarität im Einklang steht“.

Der tunesische Minister für Berufsausbildung und Beschäftigung Zied Ladhari erklärte seinerseits, dass er hoffe, die gemeinsame Arbeit weiter fortzusetzen, damit die Jugend des Maghreb „andere Perspektiven hat und dieses Schicksal zwischen dem Hang zur Radikalisierung und dem der illegalen Einwanderung überwinden wird“. „Europa wird durch diese Initiative ein sehr starkes Signal aussenden, nämlich, dass es für diese Jugend des Maghreb Interesse zeigt, dass es sich des ernsten Ausmaßes der Situation und der Bedeutung dieser Problematik und Herausforderung, von der Frieden, Stabilität und Wohlhabenheit der gesamten Region abhängen werden, bewusst ist“.

  • Letzte Änderung dieser Seite am 16-07-2015