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Innenminister Dan Kersch stellt dem Ausschuss der Regionen die Prioritäten des luxemburgischen EU-Ratsvorsitzes vor

dan kerschDer luxemburgische Innenminister Dan Kersch stellte den Mitgliedern des Ausschusses der Regionen (AdR) am 8. Juli 2015 in Brüssel die Prioritäten des zwölften luxemburgischen EU-Ratsvorsitzes vor, den das Großherzogtum bis zum Ende des Jahres 2015 innehat. Der luxemburgische Minister beteiligte sich an der 113. Plenartagung der Versammlung der Regional- und Kommunalvertreter der EU. Eine ihrer Hauptaufgaben besteht darin, die lokalen und regionalen Behörden in den Entscheidungsprozess auf europäischer Ebene einzubinden und somit eine größere Beteiligung der Bürger zu fördern.

Dan Kersch, selbst ehemaliges Mitglied des AdR, fühlte sich geehrt, an dem gemeinsamen Austausch über die Prioritäten des luxemburgischen Ratsvorsitzes teilnehmen zu können; dieser werde es aus seiner Sicht ermöglichen,"Tugenden, die für uns wichtig sind und die uns auszeichnen", in den Vordergrund zu stellen. So nannte er"die Aufgabe, Brücken zu bauen", die Aufgabe der Schlichtung und der Vermittlung,"den Ehrgeiz, den Integrationsprozess zu fördern" und schließlich "die tiefe Überzeugung, dass die Suche nach einem Kompromiss der Schlüssel zur europäischen Einigung" sei.

"Letztere Maxime scheint in der gegenwärtigen europäischen Politik zunehmend an Bedeutung zu verlieren, wobei die nachteiligen Folgen bereits in mehreren Mitgliedstaaten zu spüren sind", fügte Kersch hinzu, der auch betonte, dass diejenigen, die heute darauf bestünden, ihre nationalen Interessen zu verteidigen, später zur Verantwortung gezogen würden, weil sie die europäische Idee aufgegeben hätten."Die Solidarität kann nicht nur eine den Umständen entsprechende Devise sein; sie muss auch in schwierigen Momenten zum Tragen kommen."

Die luxemburgische Ratspräsidentschaft fällt in"eine kritische, wenn nicht sogar für die Zukunft der EU entscheidende Zeit", erinnerte Dan Kersch vor allem im Hinblick auf die Krise in Griechenland, wobei er zusicherte, dass Luxemburg unter Wahrung seiner Kompetenzen alles daran setzen werde, um zu vermeiden, dass ein Land auf der Strecke bleibe. Er zitierte auch seinen Kollegen, den luxemburgischen Minister für Auswärtige Angelegenheiten, Jean Asselborn, der den bildlichen Vergleich eines Zugs verwendet hatte. Wenn man den letzten Wagen abhängen würde, gäbe es immer noch einen neuen letzten Wagen."Das dürfen wir nicht vergessen".

Der luxemburgische Minister betonte im Übrigen, dass die Prioritäten der Ratspräsidentschaft mit den Zielen der Europäischen Kommission übereinstimmten; dies sei beim Besuch des Kollegiums der Kommissare in Luxemburg am 3. Juli deutlich geworden. Er sei überzeugt, dass diese Übereinstimmung der Sichtweise auch mit dem AdR bestünde, wobei er anmerkte, dass es "kein Zufall" sei, wenn Luxemburg, ebenso wie der AdR, die Bedeutung des Subsidiaritätsprinzips stets betont hätten. Dies sei ein Prinzip, das "in den Verträgen verankert ist, das in der Praxis jedoch nur allzu oft vergessen wird", und das zum Nachteil der kleinsten Länder sowie der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, betonte Dan Kersch. In seinen Augen spielen alle eine wichtige Rolle.

Die luxemburgische Regierung hat im Übrigen die Reduzierung der Zahl ihrer Mitglieder im AdR sowie im Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) akzeptiert, fuhr der Minister fort, was "ein hervorragender Ausdruck der Kompromissfähigkeit" des Landes sei, betonte Dan Kersch weiter.

Was gerade die gemeinsamen Prioritäten betrifft, so verwies der luxemburgische Minister insbesondere auch auf die bei der vorherigen Plenartagung des AdR am 4. Juni 2015 verabschiedete sechste Mandatsperiode, in der auch die Prioritäten der Versammlung für den Zeitraum von 2015 - 2020 festgelegt worden seien. Der Schwerpunkt dieser Mandatsperiode liegt auf fünf Dimensionen: Wiederbelebung der europäischen Wirtschaft, Bedeutung der territorialen Dimension, ein einfacheres und besser vernetztes Europa, Stabilität und Zusammenarbeit innerhalb und außerhalb der EU, und schließlich ein Europa der Bürger.

Der Minister erklärte, dass dieses Programm auch mit der von der Kommission und von der Ratspräsidentschaft geforderten Verwirklichung eines Europäischen Sozialmodells mit einem dreifachen A-Rating in Einklang stünde und vom luxemburgischen Ratsvorsitz "in vollem Umfang geteilt" werde. Danach legte er die sieben großen Prioritäten Luxemburgs für die Ratspräsidentschaft dar; diese "decken die großen gegenwärtigen Herausforderungen Europas ab". Es handelt sich um folgende Dimensionen:

  • Die soziale Dimension Europas vertiefen
  • Investitionen für mehr Wachstum und Beschäftigung freisetzen
  • Die Migration bewältigen – Freiheiten, Recht und Sicherheit miteinander verbinden
  • Die Dynamik des Binnenmarkts wiederbeleben
  • Die europäische Wettbewerbsfähigkeit an einem globalen und transparenten Rahmen ausrichten
  • Das Prinzip der Nachhaltigkeit fördern
  • Die Präsenz der Europäischen Union in der Welt stärken

Was die soziale Dimension betrifft, so erklärte Dan Kersch auch, dass der soziale Zusammenhalt eine der Säulen des europäischen Einigungsprozesses sei, die durch die Wirtschafts- und Finanzkrise am meisten geschwächt worden sei und dass die Vertiefung der sozialen Dimension somit "eine absolute Priorität" des Ratsvorsitzes darstelle. "Die EU ist ein Projekt des Friedens; das bedeutet auch sozialen Frieden und die Garantie, den Bürgern die notwendigen Mittel bereitzustellen, damit sie in Würde leben können", so der Minister. Er betonte, dass "dies heute nicht mehr überall in Europa der Fall" sei und dass"das eine Schande für uns alle" sei. In dieser Hinsicht werde die Ratspräsidentschaft ein Europäisches Sozialmodell mit dreifachem A-Rating unterstützen, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf Investitionen in den sozialen Bereich und in die menschlichen Ressourcen liegen soll. Es wird auch darum gehen, Verbesserungen der sozialen Dimension bei der"Governance" der Union und in der Euro-Zone herbeizuführen.

Was die Investitionen betrifft, so betonte der Minister, dass die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit eine Priorität sei und dass der Investitionsplan der Kommission in diesem Kontext eine Notwendigkeit sei. So brachte er seine Freude darüber zum Ausdruck, dass die Einigung über den Europäischen Fonds für strategische Investitionen "mit großen Schritten vorangeht", wobei er allerdings gleichzeitig in Frage stellte, ob die veranschlagte Summe in Höhe von 315 Milliarden über drei Jahre ausreichend sein werde.

Was die Migration, einen "außerordentlich wichtigen Punkt", betrifft, so betonte Dan Kersch, dass die Diskussionen der letzten Wochen rund um die vor allem in Griechenland und Italien konzentrierten Flüchtlinge"nicht zu unserem Vorteil" seien. "Die Verluste von Menschenleben erfordern entschiedene und kontinuierliche Maßnahmen", so der Minister, der im weiteren Verlauf der Debatte deutlicher erklärte, dass man die grundlegenden Werte der EU nicht "missachten" könne und dass man dementsprechend "nicht tolerieren kann, dass Tausende von Menschen im Mittelmeer ertrinken". Es gehe darum, den Migranten eine würdige Aufnahme zu garantieren, fuhr er fort, wobei er darauf hinwies, dass das europäische Jahr der Entwicklung die Gelegenheit sei, die Verknüpfung zwischen Migration und Entwicklung zu thematisieren. Im Übrigen seien, was den Bereich der Sicherheit betrifft, auch der Kampf gegen den Terrorismus und die Stärkung der inneren Sicherheit unter Wahrung des Rechtsstaats vorrangige Ziele.

Was den Binnenmarkt und die europäische Wettbewerbsfähigkeit betrifft, so betonte der Minister, dass das Potenzial der Digital-Technologie in Europa nicht ausreichend genutzt werde, wobei er im Übrigen hervorhob, dass man darauf hinarbeiten müsse, die bestehenden Hindernisse in diesem und in anderen Bereichen abzubauen. Die Ratspräsidentschaft beabsichtigt, sich auf den sogenannten Bericht der fünf Präsidenten über die Vollendung der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) zu stützen, um seine Aufgaben in Bezug auf die Wettbewerbsfähigkeit wahrzunehmen, so der Minister, und dies werde auch die Bekämpfung von Betrug und Steuerflucht zur "Eindämmung des unlauteren Wettbewerbs" beinhalten.

Was die Verhandlungen auf wirtschaftlicher Ebene insbesondere über die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) betrifft, so plädierte der Minister für ein höheres Maß an Transparenz, und er unterstrich die Initiative Luxemburgs auf diesem Gebiet. Für den 17. November hat der Ratsvorsitz in gemeinsamer Absprache mit dem Europäischen Parlament, der Kommission und dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss eine Sitzung angesetzt, auf der verschiedene Vertreter der Zivilgesellschaft versammelt sein werden, um darüber zu diskutieren. Er fügte hinzu: "Es ist nicht zu spät, dass auch der AdR beteiligt wird".

Angesichts der Förderung des Prinzips der Nachhaltigkeit betonte der Minister schließlich die Bedeutung der 21. Konferenz der Vertragsparteien des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (COP21), die im Dezember in Paris stattfinden soll und deren Verhandlungen auf internationaler Ebene zur Verabschiedung eines neuen, ehrgeizigen und bindenden Abkommens mit einer umfassenden Beteiligung führen müssen.

Zum Abschluss der Debatte unterstrich der luxemburgische Minister noch einmal, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften stärker bei der Festlegung der Politik miteinbezogen werden müssten. Er betonte weiter, dass das Großherzogtum auch beabsichtige, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in den Vordergrund zu stellen. "In Anbetracht der Tatsache, dass ich aus einem Land mit weniger als 600 000 Einwohnern komme, wo 170 000 Arbeitsplätze von Grenzgängern besetzt werden, können Sie sich sehr gut vorstellen, dass dies eine wesentliche Dimension unserer Ratspräsidentschaft ist", erklärte er zum Abschluss.

  • Letzte Änderung dieser Seite am 08-07-2015