Die Europäische Bürgerinitiative

Was ist eine Europäische Bürgerinitiative?

Die durch den Vertrag von Lissabon eingeführte Europäische Bürgerinitiative (EBI) gibt EU-Bürgern die Möglichkeit, die Europäische Kommission zur Vorlage eines Legislativvorschlags in einem politischen Bereich, der in die Zuständigkeit der EU fällt, aufzufordern.

Mit einer EBI, die von mindestens einer Million EU-Bürgern (der insgesamt 500 Millionen Unionsbürger) aus mindestens 7 der 28 EU-Mitgliedstaaten unterstützt werden muss, ist es Bürgern so möglich, die Kommission durch eine Petition zu ersuchen, dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Gesetzgebungsvorschlag zu unterbreiten, den sie für die Verwirklichung der Zielsetzungen der Verträge als notwendig erachten. In jedem dieser 7 Mitgliedstaaten ist eine Mindestzahl von Unterzeichnern erforderlich. Für Luxemburg beläuft sich diese Mindestzahl auf 4 500.

Wer kann eine Bürgerinitiative organisieren und wie geht man vor?

Um eine Bürgerinitiative zu starten, müssen sieben EU-Bürger aus sieben verschiedenen Mitgliedstaaten einen Bürgerausschuss bilden. Die Mitglieder dieses Ausschusses müssen das Wahlrecht bei Wahlen zum Europäischen Parlament besitzen (d. h. sie müssen mindestens 18 Jahre alt sein, mit Ausnahme von Österreich, wo das Mindestalter bei 16 Jahren liegt).

Der Bürgerausschuss muss dann um die Registrierung seines Initiativvorschlags auf der EBI-Website der Europäischen Kommission ersuchen, bevor er mit dem Sammeln von Unterstützungsbekundungen von EU-Bürgern beginnen kann. Soweit bestimmte Bedingungen erfüllt sind, wird die Kommission den Initiativvorschlag innerhalb von zwei Monaten registrieren.

Der Initiativvorschlag muss im Zuständigkeitsbereich der Kommission liegen, so dass sie einen Vorschlag für einen Rechtsakt der Union zur Umsetzung der Verträge unterbreiten kann. Der Initiativvorschlag darf nicht offenkundig missbräuchlich, unseriös oder schikanös sein und darf nicht gegen die Werte der Union, wie sie in Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegt sind, verstoßen.

Sobald die Registrierung bestätigt wurde, haben die Organisatoren ein Jahr lang Zeit, um mindestens eine Million Unterschriften von EU-Bürgern aus mindestens 7 Mitgliedstaaten zu sammeln. Alle EU-Bürger (Staatsangehörige eines Mitgliedstaats), die das Wahlrecht bei Europäischen Parlamentswahlen besitzen, können eine EBI unterzeichnen. Um eine Initiative zu unterstützen, muss ein – in Papierform oder online – von den Organisatoren bereitgestelltes Formular für die Unterstützungsbekundung ausgefüllt werden.

Der Leitfaden zur Europäischen Bürgerinitiative liefert nähere Informationen über das Verfahren und die zu beachtenden Bedingungen.

Was geschieht, wenn eine Bürgerinitiative eine Million Unterstützungsbekundungen erhält?

Wenn der Ausschuss die erforderliche Anzahl an Unterschriften gesammelt hat, muss er diese von den zuständigen nationalen Behörden in jedem Mitgliedstaat, in dem die Unterstützungsbekundungen gesammelt wurden, beglaubigen lassen. Die Initiative wird dann der Europäischen Kommission vorgelegt, die drei Monate Zeit hat, den Vorschlag zu prüfen und eine offizielle Antwort zu verfassen. Diese Antwort in Form einer Mitteilung wird vom Kollegium der Kommissionsmitglieder formell angenommen und in allen Amtssprachen der EU veröffentlicht. In dieser Mitteilung legt die Kommission dar, ob und welche Maßnahmen sie als Antwort auf die Bürgerinitiative vorschlägt, und erörtert die Gründe für ihre – möglicherweise auch negative – Entscheidung. Das Europäische Parlament kann seinerseits eine Anhörung für die Organisatoren der Initiative veranstalten.

Die Kommission ist zwar nicht verpflichtet, als Ergebnis einer Initiative einen Rechtsakt vorzuschlagen, muss die gesamte Initiative jedoch sorgfältig prüfen. Beschließt die Kommission, einen Rechtsakt vorzuschlagen, wird das normale Gesetzgebungsverfahren in Gang gesetzt.

  • Letzte Änderung dieser Seite am 22-06-2015