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Treffen zwischen der EU und der Schweiz – Jean Asselborn will „eine Schnittstelle zwischen dem Ergebnis der Volksabstimmung und den europäischen Grundsätzen der Freizügigkeit und der Nichtdiskriminierung finden“

sommaruga-jcj-asselbornDer luxemburgische Minister für auswärtige und europäische Angelegenheiten, Minister für Immigration und Asylpolitik, Jean Asselborn, nahm als Vertreter des luxemburgischen Vorsitzes des Rates der Europäischen Union (EU) an einem informellen Treffen mit dem EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und der Schweizer Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga am 21. Dezember 2015 in Brüssel teil.

Das Treffen fand im Rahmen der Konsultationen statt, die vom Präsident der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker, und der Schweizer Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga nach der Volksabstimmung vom 9. Februar 2014 eingeleitet wurden.

Zur Erinnerung: Die Schweizer hatten sich mit knapper Mehrheit gegen die „massive Einwanderung“ ausgesprochen. So hatte sich die Schweizer Regierung zur Einführung von Quoten für Ausländer, einschließlich der Grenzgänger, verpflichtet. Demzufolge muss die Schweiz das Freizügigkeitsabkommen zwischen den beiden Parteien mit der EU neu verhandeln. Die EU verweigert ihrerseits jegliche Infragestellung des Prinzips der Freizügigkeit, denn dieses Prinzip ist eine ihrer Grundfreiheiten und bildet einen festen Bestandteil des Pakets der bilateralen Abkommen zwischen der EU und der Schweiz.

Mit dem Ziel, eine Lösung herbeizuführen, erzielten die Schweiz und die EU im Februar 2015 eine Einigung über die Aufnahme einer Reihe von Konsultationen. Seitdem haben im Rahmen dieser Konsultationen zehn Verhandlungsrunden stattgefunden.

Bei der Pressekonferenz, die auf das Treffen folgte, erklärten beide Parteien, dass sie keine Einigung über die von der Schweizer Regierung gewünschten Änderungen der Regeln der Personenfreizügigkeit gefunden hätten, wenngleich dennoch „Fortschritte“ erzielt worden seien. Eine neue Begegnung zwischen der EU und der Schweiz ist für Ende Februar geplant.

„Zwischen dem Ergebnis der Volksabstimmung und den europäischen Grundsätzen der Freizügigkeit und der Nichtdiskriminierung muss eine Schnittstelle gefunden werden“

Jean Asselborn betonte, dass er während der sechs Monate, in denen er den Vorsitz des Rates „Justiz und Inneres“ innehatte, habe feststellen können, dass die Schweiz „kein ausländerfeindliches Land sei“ und dass die Schweizer Regierung angesichts der Migrationsfrage konstruktiv zusammengearbeitet habe. Gemäß Asselborn „liegt das zu lösende Problem“ in der Notwendigkeit, ein Einvernehmen zu finden, eine sogenannte „Gratwanderung“, wie er es nannte, zwischen dem Ergebnis der Volksabstimmung von Februar 2014 und den europäischen Grundsätzen der Freizügigkeit und der Nichtdiskriminierung. Aus seiner Sicht komme es darauf an, „eine Lösung zu finden, welche das bestehende Freizügigkeitsabkommens zwischen der EU und der Schweiz respektiert, um die gute und einvernehmliche Zusammenarbeit zwischen beiden Parteien aufrechtzuerhalten", und er betonte, dass es dem künftigen niederländischen Ratsvorsitz auch nahegelegt werden müsse, diese „heikle Problematik“ auf die Tagesordnung des Rates zu setzen.

„Eine einseitige Auslegung der Schutzklausel kommt nicht in Frage“

Jean-Claude Juncker erklärte seinerseits, dass „nach zehn technischen Konsultationsrunden“ noch keine Einigung mit den Schweizer Behörden erzielt werden konnte. Er wies dennoch darauf hin, dass seit dem Beginn der Konsultationen „erhebliche Fortschritte“ erzielt worden seien.  

Diskussionen über Artikel 14 Absatz 2 des Freizügigkeitsabkommens seien zwischen der Schweiz und der EU geführt werden; diese Klausel betrifft die Auslegung der Schutzklausel  und würde der Schweizer Regierung zudem die Durchsetzung von Ausnahmen von den Regeln über die Freizügigkeit ermöglichen. Gemäß diesem Artikel kann bei schwerwiegenden wirtschaftlichen oder sozialen Problemen auf Verlangen einer der Vertragsparteien ein „gemischter Ausschuss“ zusammentreten, um geeignete Abhilfemaßnahmen zu prüfen.

Andererseits sieht der Schweizer Bundesrat jedoch gemäß einer Pressemitteilung  vom 4. Dezember 2015 die Einführung einer einseitigen Schutzklausel vor „für den Fall, dass mit der EU im vorgegebenen Zeitrahmen keine Einigung erzielt werden könne“.

Die einseitige Auslegung der Schutzklausel kommt nicht in Frage“, erklärte Jean-Claude Juncker, aus dessen Sicht man sich dennoch über die Kriterien einigen müsse, die im Hinblick auf die Umsetzung der Schutzklausel zu erfüllen seien. Er führte weiter aus, dass „intensive Verhandlungen über die aktuelle Auslegung der im Freizügigkeitsabkommen genannten sogenannten 'schwerwiegenden wirtschaftlichen oder sozialen Probleme geführt würden'“; in Bezug auf diesen Punkt betonte er ferner, wie wichtig eine Annäherung der Standpunkte sei.

Die Schweizer Regierung signalisierte ihrerseits in einer Pressemitteilung, die am 21. Dezember im Anschluss an das Treffen veröffentlicht wurde, dass die Schweiz eine einseitige Schutzklausel in das Ausländergesetz aufnehmen werde „sollte keine einvernehmliche Lösung mit der EU zustande kommen".

Unterdessen haben die Europäische Kommission und die Schweizer Eidgenossenschaft eine neue Verhandlungsrunde für Ende Februar festgesetzt, um einen Kompromiss herbeizuführen.

Simonetta Sommaruga sprach von einer „positiven Zwischenbilanz"

Auch Simonetta Sommaruga war ihrerseits der Meinung, dass bei den Verhandlungen Fortschritte erzielt worden seien, und nannte das Resultat eine „positive Zwischenbilanz“. Aus ihrer Sicht sei ein „gegenseitiger politischer Wille durchaus vorhanden“, und der Schweizer Bundesrat hatte in seiner Pressemitteilung vom 4. Dezember erklärt, dass er „wenn immer möglich, eine einvernehmliche Lösung mit der EU erzielen“ wolle. Sie betonte die Notwendigkeit, dass die Parteien eine Lösung über eine gemeinsame Auslegung von Artikel 14 Absatz 2 des Freizügigkeitsabkommens zwischen der Schweiz und der EU herbeiführen müssten. „Die Ausgangslage, um eine Lösung herbeizuführen, hat sich gebessert, doch eine Lösung ist noch nicht in Sicht“, erklärte sie. Die Intensivierung der Konsultationen zeige, dass der politische Wille zum Konsens vorhanden sei, so die Schweizer Bundespräsidentin, wobei sie hinzufügte, dass es dennoch keinen entscheidenden Durchbruch gegeben habe und dass beiden Parteien noch viel Arbeit bevorstehe.

  • Letzte Änderung dieser Seite am 21-12-2015