Die Verkehrsminister der Europäischen Union (EU) und die Staatssekretäre des Ressorts trafen sich am 7. Oktober 2015 in Luxemburg zu einer informellen Tagung über das Fahrrad als Verkehrsmittel. Den Vorsitz dieser vom luxemburgischen EU-Ratsvorsitz veranstalteten Tagung führte der luxemburgische Verkehrsminister François Bausch. Das zentrale Thema der Debatte war die Effizienz des Fahrrads als Verkehrsmittel sowie seine Auswirkungen auf die Gesellschaft, auf die Umwelt und auf die Wirtschaft in der EU. Die Teilnehmer, die verschiedene Arten von Fahrrädern auf einem speziell angelegten Radweg im Konferenzzentrum, wo die Tagung stattfand, ausprobieren konnten, haben eine Erklärung über das Fahrrad als „klima- und umweltfreundliches“ Verkehrsmittel verabschiedet.
Bei der Einleitung zur Pressekonferenz im Anschluss an die Tagung legte der luxemburgische Verkehrsminister, François Bausch, Wert darauf, zu betonen, dass dies die allererste Tagung des Rats der Verkehrsminister zum Thema Radverkehrspolitik gewesen sei.
Der Minister rief zu einer Verbesserung der europäischen Radverkehrspolitik und zu einer Sensibilisierung der europäischen Bevölkerung auf, und erklärte, dass er sich bewusst darüber sei, dass die Verantwortung gemäß des Subsidiaritätsprinzips größtenteils auf nationaler, wenn nicht sogar auf lokaler Ebene liege. „Dennoch müssen wir uns auf europäischer Ebene engagieren, um die Kultur des Radfahrens zu fördern, denn dieser Sektor hat ein enormes Potenzial“, so François Bausch.
Die EU-Kommissarin für Verkehr, Violeta Bulc, erklärte sich in diesem Zusammenhang bereit, die Rolle als Koordinatorin mit den Mitgliedstaaten zu übernehmen und den Austausch bewährter Praktiken zu ermöglichen.
Minister Bausch, der daran erinnerte, dass das Fahrrad das effizienteste Verkehrsmittel für Strecken bis zu 7 km sei, vertrat den Standpunkt, dass es ein wesentlicher Bestandteil jedes multimodalen Verkehrssystems sein müsse. Im Übrigen könne es zu einer deutlichen Verbesserung der Mobilität und der Lebensqualität von 75 % der in städtischen Räumen lebenden europäischen Bevölkerung beitragen, wo Luftverschmutzung, Lärm und Verkehrsstaus herrschten, so der Minister.
François Bausch betonte außerdem die bedeutenden Auswirkungen des Fahrrads auf die Wirtschaft, denn schon heute seien Hunderttausende von Arbeitsplätzen, insbesondere im Bereich des Tourismus, mit diesem Sektor verbunden und es könnten noch weitere geschaffen werden.
Violeta Bulc erklärte ihrerseits, dass das Fahrrad als Verkehrsmittel „direkt zum Wachstum, zur Entstehung neuer Unternehmensmodelle, wie dem Konzept der „last mile logistics“, mit einer Schaffung zahlreicher Arbeitsplätze, und zur Innovation beitragen“ könne.
François Bausch setzte seine Ausführungen fort, indem er auch die Auswirkungen auf die öffentlichen Gesundheit nannte, denn der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge könne eine zusätzliche tägliche Viertelstunde Radfahren zur Vermeidung von 100 000 vorzeitigen Sterbefällen führen.
Auch der Aspekt der Sicherheit wurde bei den Diskussionen der Minister behandelt. „Wir wollen sowohl für die Radfahrer als auch für alle anderen Verkehrsteilnehmer eine Kultur der Sicherheit fördern“, kündigte die EU-Kommissarin an.
François Bausch stellte zum Abschluss noch heraus, dass das Fahrrad ein Verkehrsmittel sei, „das keinen großen Kostenaufwand für die Infrastruktur mit sich bringt, das jedoch ein enormes Potenzial und riesige Vorteile hat.“
Die Minister und Staatssekretäre unterzeichneten eine Erklärung über das Fahrrad als „klimafreundliches“ Verkehrsmittel
Am Ende der Ratstagung verabschiedeten die Minister und Staatssekretäre einstimmig eine Erklärung über das Fahrrad als „klimafreundliches“ Verkehrsmittel. „Ich bin erfreut darüber, dass sich jeder für die Erklärung ausgesprochen hat, und werde den formellen Rat der Verkehrsminister, der morgen tagt, entsprechend informieren“, erklärte François Bausch.
In ihrer Erklärung einigten sich die Teilnehmer auf folgende konkrete Empfehlungen:
- Integration des Fahrrads in die multimodale Verkehrspolitik;
- Die Europäische Kommission dazu anregen, eine „Fahrradstrategie" zu erarbeiten und dabei das Fahrrad in bestehende relevante Initiativen, wie z. B. CIVITAS oder „Smart Cities and Communities“, einzubeziehen;
- Einrichtung einer Instanz auf der Ebene der Europäischen Kommission, die sowohl für die praktische Umsetzung der „Fahrradstrategie“ als auch für eine einfache und effiziente Weitergabe bewährter Praktiken auf dem Gebiet des Radfahrens unter den Mitgliedstaaten zuständig wäre;
- Ernennung einer nationalen Instanz in jedem Mitgliedstaat, die Beispiele für bewährte Praktiken sammeln und unter den Mitgliedstaaten verbreiten sowie mit der europäischen Instanz und anderen bestehenden Foren zusammenarbeiten würde;
- Gewährleistung, dass bei nationalen Infrastrukturprojekten die internationalen, nationalen, regionalen und lokalen Radverkehrsnetze berücksichtigt und gestärkt werden;
- Einbeziehung des Radverkehrs in städtebauliche Projekte auf lokaler und auf regionaler Ebene;
- Nutzung von bewährten Praktiken, Mobilisierung von Finanzierungsmöglichkeiten und Leitlinien durch enge Zusammenarbeit mit der europäischen Instanz.
Der EU-Kommissarin Bulc zufolge handelt es sich hierbei um eine „wichtige Grundlage“, auf der die Mitgliedstaaten zusammenarbeiten können und die Kommission deren Entwicklung aus der Nähe verfolgen kann. „Das Fahrrad ist von jetzt an ein offizielles Verkehrsmittel“, erklärte sie.
„Es ist ein hervorragendes Papier, doch es kommt darauf an, dass die Erklärung auch nachverfolgt wird, insbesondere bei der für April 2016 unter der Leitung des niederländischen EU-Ratsvorsitzes geplanten informellen Tagung der Verkehrsminister über die sogenannten „smart cities“, betonte François Bausch zum Abschluss.