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Luxembourg Sustainability Forum 2015 - Jeremy Rifkin plädiert für die dritte industrielle Revolution

Am 24. September 2015 fand im Großherzogtum das Luxembourg Sustainability Forum 2015 statt, eine Veranstaltung, die im Rahmen des luxemburgischen EU-Ratsvorsitzes organisiert wurde. Zahlreiche Experten debattierten dort vor allem über verantwortungsbewusste Finanzen sowie die Mittel für die Neuausrichtung der Gebiete und der Digitalisierung im Dienste der nachhaltigen Entwicklung. Als Höhepunkt der Konferenz präsentierte der amerikanische Wirtschaftsexperte und Zukunftsforscher, Jeremy Rifkin, seine Theorie über die dritte industrielle Revolution. Der Wirtschaftsexperte hatte zu einem früheren Zeitpunkt einen Vertrag mit der luxemburgischen Regierung für die Durchführung einer Studie über die künftige Strategie Luxemburgs unterzeichnet, um das Land zu einem Vorreiter dieser neuen Revolution zu machen.

Jeremy Rifkin geht davon aus, dass sich die zweite industrielle Revolution, die sich unter anderem durch preiswerte Energie, Erdöl, den Verbrennungsmotor, die Zentralisierung der Stromerzeugung und Kommunikationsnetze auszeichnet, ihrem Ende zuneigt. Dies zeige sich insbesondere an einem dramatischen Rückgang der Produktivität, einer weltweiten Verlangsamung des Wachstums, hohen Arbeitslosenquoten und an der Klimaerwärmung, die aufgrund der zwei ersten industriellen Revolutionen unmittelbar mit dem massiven CO2-Ausstoß in die Atmosphäre in Zusammenhang stehe. Die zentrale Rolle fossiler Energien in der heutigen Welt, deren Reserven knapp werden und der Preis daher kontinuierlich steigt, werde in diesem Zusammenhang besonders deutlich.

Die Konvergenz neuer digitaler Technologien

Luxembourg-Sustainability-ForumDem Redner zufolge sei es erforderlich, sich für ein neues wirtschaftliches Paradigma einzusetzen. Unterstützt von einer Wirtschaft des Teilens (Sharing Economy) zeichne sich diese Revolution durch die Einführung intelligenter Systeme mit einer größeren Anpassungsfähigkeit, durch eine effizientere Allokation von Ressourcen (und damit immer geringere Kosten) und durch eine Vernetzung der Systeme aus. Ein grundlegender Wandel, der sich auf das Aufkommen und die Konvergenz neuer digitaler Technologien stützt: ein Internet der Kommunikation, ein Internet der erneuerbaren Energien, das den massiven Einsatz von Energiespeichertechnologien vorsieht, während diese Energien nunmehr zunehmend dezentralisiert von Privatpersonen erzeugt werden, und ein „Internet des automatisierten Transports und Logistik“, das mit Hilfe von elektrischen oder durch Brennstoffzellen angetriebenen Fahrzeugen funktioniert.

Der Redner erklärte, dass die durch das Internet der Kommunikation herbeigeführten Umbrüche, insbesondere die Produktion und direkte Verteilung seiner eigenen Inhalte durch jeden Einzelnen, für die neuen Energie- und Verkehrsnetze identisch seien. Das Internet der erneuerbaren Energien, das er vorhersieht, stellt die zentralisierte Erzeugung von Energie ein, die mit einer dezentralisierten Produktion durch Millionen Mikro-Produzenten, die das Netz mit ihren Überschüssen versorgen, ersetzt wird. „Dies ist bei mehreren Millionen Wegbereitern in der EU, die ihr Haus oder ihre Unternehmen in ein Kleinkraftwerk umgewandelt haben, um erneuerbare Energien vor Ort zu gewinnen, bereits der Fall“, erklärte er.

Einen weiteren Faktor stelle die industrielle Produktion dar, die gegenwärtig von großen vertikal integrierten Unternehmen vorgenommen werde und sich auch in horizontaler Richtung weiterentwickle, so Jeremy Rifkin, der die Technologie des 3D-Drucks anführt, um die Ankunft einer neuen Generation von Mikro-Produzenten nahezulegen.

Die horizontale Gewinnung von erneuerbarer Energie und Gütern würde es vor diesem Hintergrund ermöglichen, die Kosten drastisch zu senken, wenn nicht sogar ganz einzusparen. Wären die Infrastrukturkosten erst einmal gedeckt, wären die erneuerbaren Energien damit praktisch kostenlos, bemerkte Jeremy Rifkin. Er betonte auch, dass die klassische Industrie auf energieintensiven und in Bezug auf Rohstoffe auf verschwenderischen technischen Verfahren beruhe, wohingegen der 3D-Druck während des Produktionsprozesses von den Rohstoffen maximalen Gebrauch mache. Er war in diesem Zusammenhang der Auffassung, dass „alle Menschen zum ersten Mal in der Geschichte direkt miteinander zusammenarbeiten und so das wirtschaftliche Leben demokratisieren können“, mit einer geringeren Ausrichtung auf den Markt und einem stärkeren Fokus auf die Zusammenarbeit.

Auf dem Weg zur Schaffung eines „Super Internets der Dinge“

Diese technologische Konvergenz und diese Umbrüche kommen Jeremy Rifkin zufolge in der Schaffung eines „Superinternets der Dinge“ („Super Internet of Things“) zum Ausdruck. Bei diesem neuen Paradigma werden intelligente Sensoren in alle Gegenstände und Infrastrukturen (Büros, Häuser, Fahrzeuge, Straßen, Fabriken, elektrische Netze) integriert, wodurch sie in der Lage sind, untereinander und mit den Anwendern zu kommunizieren sowie „über Daten in Echtzeit zu verfügen, die eine Rationalisierung der Verwaltung, der Energielieferung und des Verkehrs wirtschaftlicher Aktivitäten ermöglichen“. „Man geht davon aus, dass im Jahr 2030 rund 100 Milliarden dieser Sensoren das menschliche und natürliche Umfeld in einem weltweiten intelligenten und horizontalen Netz verbinden werden“, so Jeremy Rifkin, der anmerkte, dass diese Revolution die EU „zum Zentrum der weltweit effizientesten Spitzentechnologien“ machen könnte.

Der Wirtschaftsexperte ist sich jedoch auch der Gefahren und Herausforderungen, die mit der Digitalisierung der Kommunikation, der Energie und des Verkehrs einhergehen, bewusst. Es gehe vor allem darum, die Neutralität des Netzes (einen gleichen Zugang für alle) zu gewährleisten, die Entstehung neuer Monopole zu verhindern, den Schutz personenbezogener Daten und die Sicherheit der Netze und Daten sicherzustellen sowie die Internetkriminalität und den Terrorismus zu bekämpfen. „Diese Herausforderungen werden die nächsten drei Generationen beschäftigen“, führte Jeremy Rifkin weiter aus.

Jeremy Rifkin hob außerdem die Gefahren für die Beschäftigung vor dem Hintergrund der zunehmenden Automatisierung hervor. Ihm zufolge jedoch „ist die Beschäftigung bereits dabei, sich auf die Sozialwirtschaft zuzubewegen“ und „die Schaffung von Sozialkapital erfordert Menschen, keine Maschinen“, die ohnehin im Bildungs-, Umwelt-, Kultur- und insbesondere im Sozialbereich keine Aufgaben wahrnehmen könnten. Diese Automatisierung könnte somit die mühsamen Arbeiten den Maschinen und die kreativen Aufgaben den Menschen überlassen.

Der luxemburgische Wirtschaftsminister, Etienne Schneider, erklärte seinerseits nach der Konferenz, dass „die dritte industrielle Revolution auf jeden Fall eintreten wird“. „Wir haben die Möglichkeit, auf dem Fahrersitz zu sitzen und die von uns gewünschte Richtung vorzugeben“, so Schneider.

  • Letzte Änderung dieser Seite am 24-09-2015